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2. Übungsklausur

 

Der neureiche, aber wenig gebildete K möchte mit der Sammlung von Bildern beginnen. Im Ausstellungsraum des Galeristen V sieht er durch das Schaufenster zwei kleine Aquarelle, links einen ,,Klee", rechts einen ,,Macke". K, der die Namenszeichen auf den Bildern von draußen nicht erkennen kann, hält den ,,Klee" für einen ,,Macke" und den ,,Macke" für einen ,,Klee". Da ihm letzterer besonders gefällt, ruft er bei V an und kauft ,,den Klee in der Auslage". Als Kaufpreis werden sogleich 16.000,- DM vereinbart.

Als der ,,Klee" bei K angeliefert wird, nimmt dieser ihn nicht an, sondern besteht in einem weiteren Telefongespräch mit V auf der Lieferung des ,,Macke". V dagegen sagt, gekauft sei gekauft und K sei zur Abnahme und Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Außerdem habe er den ,,Macke" inzwischen anderweitig veräußert. Für den Fall, daß der Kaufpreisanspruch nicht bestehen sollte, macht V zumindest folgende Ersatzansprüche geltend:

1. Ersatz der Transportkosten für das Hin- und Herschaffen des ,,Klee" i.H.v. 200,- DM.

2. Ersatz der Kosten i.H.v. 50,- DM, die ihm bei einer neuen Verkaufsanzeige in der Tageszeitung entstehen.

3. Ersatz des Differenzbetrages von 4.000,- DM zwischen dem mit K vereinbarten Kaufpreis, für den er den ,,Klee" jetzt auch an einen neuen Interessenten verkaufen könne, und dem Kaufpreis von 20.000,- DM, den ihm ein unbekannter Amerikaner kurz nach dem ersten Anruf des K geboten hatte.

Wie ist die Rechtslage?

 

 

 

Geschrieben von Heiko Vollmer

(Ergebnis: 13 Pkt)

 

  1. V könnte einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung i.H.v. 16,000 DM gegen K für den Klee aus § 433 II BGB haben. (Im Folgenden sind Paragraphen ohne Bezeichnung solche des BGB)
  1. Voraussetzung dazu ist das Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages. Ein Kaufvertrag besteht aus zwei inhaltlich übereinstimmenden und in bezug aufeinander abgegebenen Willenserklärungen, Angebot und Annahme (§§ 145ff).
  1. Das Angebot könnte hier K gemacht haben, indem er zum Zwecke des Kaufs V anrief. Ein Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, in der einem anderen ein Vertragsschluß so angetragen wird, daß das Zustandekommen des Vertrages nur von dessen Annahme abhängt (Randbemerkung: schön). Das Angebot des K gilt gem. § 147 I 2 als ein Angebot unter Anwesenden und kann nur sofort angenommen werden (§ 130). In dem Telefongespräch haben V und K sich über die wesentlichen Vertragspunkte Kaufsache und Kaufpreis geeinigt, folglich liegt ein wirksames Angebot des K über den Klee vor.
  2. Fraglich ist jedoch, ob K mit seiner Erklärung das zum Ausdruck bringen wollte, was er tatsächlich gemeint hat, oder ob der objektive Erklärungswert und die Willenserklärung auseinander klaffen. Durch normative Auslegung, die auf den objektiven Empfängerhorizont abgestellt ist, läßt sich von V, auch nicht unter Verwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt, der Wille des K erkennen (§§ 133, 157). Daraus ergibt sich, daß V schutzwürdig ist und statt dem Gewollten das Erklärte gilt.

  3. Dieses Angebot müßte von V angenommen worden sein. Eine konkludente Annahme könnte in dem Liefern des Bildes durch V liegen (§ 151). V hat das Bild geliefert, eine Annahme liegt somit vor, folglich ist ein Kaufvertrag zwischen V und K wirksam zustande gekommen.
  1. Fraglich ist jedoch, ob der Anspruch des V durch rechtshindernde Einwendung untergegangen ist. Dazu müßt K seine Willenserklärung wirksam angefochten haben.
  1. Voraussetzung dazu ist ein Anfechtungsgrund. Ein Anfechtungsgrund könnte hier der § 119 I 1. Alt. sein. Der dort genannte Inhaltsirrtum behandelt solche Fälle, in denen der Erklärende erklärt was er erklären will, nicht aber weiß, was er damit tatsächlich zum Ausdruck bringt. Ein Unterschied dazu ist der in § 119 I 2. Alt genannte Erklärungsirrtum, zu dessen Voraussetzungen gehört, daß der Erklärende sich verspricht, vergreift oder verschreibt. K war sich bei der Abgabe seiner Erklärung nicht über ihre tatsächliche Bedeutung im Klaren, folglich liegt ein Anfechtungsgrund vor.
  2. Weiterhin müßte eine Anfechtungserklärung erfolgt sein. Eine Anfechtungserklärung könnte konkludent in dem Zurückweisen und in dem zweiten Anruf des K liegen. K hat das Bild zurückgewiesen, folglich liegt eine Anfechtungserklärung des K vor.
  3. Des weiteren müßte Kausalität zwischen dem Irrtum und der Abgabe der Willenserklärung liegen. Dazu müßte K bei Kenntnis der Sachlage eine solche Willenserklärung nicht abgegeben haben. K wollte eine Willenserklärung eines solchen Inhalts nicht abgeben, folglich besteht Kausalität zwischen Abgabe der Willenserklärung und dem Irrtum.
  4. Weiterhin müßte die Anfechtungsfrist eingehalten worden sein. In dem Fall des § 119 I 1. Alt. muß die Erklärung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern abgegeben worden sein (§ 121 I 1). K hat gleich bei Erkennung des Irrtums die Erklärung abgegeben, folglich liegt kein Fristverstoß vor.

Somit liegen alle Voraussetzungen für eine wirksamen Anfechtung vor. Daraus ergibt sich, daß die Willenserklärung des K nichtig ist., folglich kein wirksamer Kaufvertrag im Sinne des § 433 zwischen K und V zustande gekommen ist. Die wirksame Anfechtung führt gem. § 142 I zur ex tunc Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, somit hat V keinen Anspruch gegen K auf Kaufpreiszahlung gem. § 433 II.

  1. V könnte gegen K einen Anspruch auf Schadensersatz des Vertrauensschadens gem. § 122 I haben.
  1. Voraussetzung dazu wäre ein wirksam angefochtenes Rechtsgeschäft. Der Kaufvertrag zwischen V und K ist von K wirksam angefochten worden (s.o.), somit liegt ein angefochtenes Rechtsgeschäft vor.
  2. Weiterhin müßte es sich hierbei um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handeln. Die Anfechtung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung daraus folgt, daß die Anfechtung eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist.
  3. Des weiteren müßte der Anspruchsteller Adressat der Willenserklärung sein. V ist Anspruchsteller und Adressat der Willenserklärung.
  4. Außerdem müßte V auf die Erklärung des K vertraut haben. Da dem V keine fahrlässige Unkenntnis des Anfechtungsgrundes vorzuwerfen ist, konnte er auf die Erklärung des K vertrauen.
  5. Auch müßte Kausalität zwischen der Willenserklärung des K und dem Schaden des V bestehen. Ohne die Willenserklärung des K hätte V das Bild nicht abgeschickt, folglich wäre ihm auch kein Schaden daraus entstanden. Somit besteht Kausalität zwischen dem Schaden und der abgegebenen Willenserklärung. § 122 regelt allerdings nur das negative Interesse, d.h. der Betroffenen, hier V, ist so zu stellen, als wenn er von dem Geschäft nichts gehört hätte. Daraus ergibt sich, daß V Anspruch auf Zahlung der Lieferkosten von 200 DM und den Kosten für eine neue Anzeige i.H.v. 50 DM hat. Ein Anspruch auf Zahlung des 4000 DM hat V nicht, da es sich hierbei um den Erfüllungsschaden handelt (§ 122 I 2. HS).
  6. § 122 II dürfte nicht eingreifen. V war die Anfechtbarkeit nicht bekannt und sie hätte ihm auch nicht bekannt sein müssen, folglich greift § 122 II nicht

Somit steht dem V Schadensersatz aus § 122 zu.

  1. K könnte einen Anspruch gegen V auf Lieferung des Macke gem. § 433 I 1 haben.

Voraussetzung dazu ist, daß ein Kaufvertrag über den Macke zwischen K und V zustande gekommen wäre. Dazu müßte K ein Angebot für den Macke abgegeben haben. Ein solches Angebot lag nach normativer Auslegung nicht vor, daraus folgt, daß kein Kaufvertrag über einen Macke zustande gekommen ist, daraus folgt, daß K keinen Anspruch auf Lieferung gem. § 433 I 1 hat.

 

Musterlösung

27. Walker AG

2. Übungsklausur

  1. V ® K auf Zahlung des Kaufpreises für den Klee gem. § 433 II
  1. Anspruch entsteht, wenn wirksamer KV
  1. Annahme
  1. Annahme durch V (+)

Þ KV (+)

  1. Fortbestand des Anspruchs

Anfechtung der WE des K

  1. Anfechtungsgrund
  2. § 119 I 1. Alt. Inhaltsirrtum [K erklärt das, was er will, weiß aber nicht, was er damit tatsächlich zum Ausdruck bringt];
    hier auch Abgrenzung zum Erklärungsirrtum bringen. Unterscheidung an sich egal, da RF gleich.

  3. Anfechtungserklärung
  4. Anfechtungserklärung liegt in der Zurückweisung des Klee (konkludente Handlung) i.V.m. dem darauf folgenden zweiten Telefongespräch

  5. Anfechtungsgegner
  6. Gem. § 143 I, II

  7. Anfechtungsfrist

Gem. § 121 I 1

Þ WE (-)

Þ KV (-)

Þ § 433 II (-)

 

 

  1. Anspruch V ® K auf SE gem. § 122 I
  1. Aufgrund § 119 angefochtene empfangsbedürftige WE (+)
  2. Anspruchsteller ist Adressat der WE (+)
  3. Vertrauen des V auf die Gültigkeit der Erklärung (+)
  4. Schaden = negatives Interesse (Def.: der Empfänger ist so zu stellen, als ob er von dem Geschäft nichts gehört hätte)
  1. Transportkosten (+)
  2. Annoncierungskosten (+)
  3. Entgangener Gewinn (-)
    dieser Betrag (4,000 DM) kann nicht verlangt werden, da er jedenfalls über das Erfüllungsinteresse an dem Vertrag mit K hinaus geht (§ 122 I a. E.) hätte K nämlich seine WE nicht angefochten und der Vertrag mit V erfüllt hätte V die hier geltend gemachten 4,000 DM ebenfalls nicht als Gewinn erzielen könne
  1. Kausalität zwischen Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung und Schaden
  2. Kein Ausschluß gem. § 122 II

Þ SE für 1. und 2. (+)

 

  1. k ® V auf Lieferung des Macke gem. § 433 I 1

(-), weil kein Angebot abgegeben wurde.