#!/usr/bin/perl print qq§Content-Type: text/html §;

 

 

1.  Einleitung

 

Die Veränderungen seit dem Ende des Kalten Krieges haben die Welt instabiler gemacht. Das internationale System braucht angesichts der Globalisierung der Weltwirtschaft und existenzbedrohender Probleme, wie Umweltverschmutzung und Bevölkerungsexplosion, dringend die Zusammenarbeit der Staaten, aber gerade auch der drei führenden Wirtschaftsregionen USA, Europa und Japan. Gerade in der instabilen südostasiatischen Region sowie in den westlichen Staaten blickt man auf Japan, die wirtschaftliche Supermacht im Pazifik. Wird sie ein kooperativer Partner sein oder versuchen die wirtschaftliche Vorherrschaft zu erringen ? Um diese Frage beantworten zu können, muß man zunächst Japan verstehen lernen. Ein erster Schritt ist es, weg von der Andersartigkeit oder dem Exotismus Japans zu kommen[1], hin zu einer möglichst vorurteils- und wertfreien Analyse.

So muß dann die Außen- und Wirtschaftspolitik der Japans untersucht werden. Ein wichtiger Teil der Außenwirtschaftspolitik sind die Direktinvestitionen. Sie sind ein Ausdruck für den Grad der gegenseitigen Dependenz und können Aufschluss über die Ziele und Interessen eines Landes geben. Um eine Bewertung zu ermöglichen, sollen nun die japanischen Direktinvestitionen mittels zweier konträrer Theorieansätze verglichen werden.

Der erste Theorieansatz ist der des Neorealisten Kenneth N. Waltz, nachdem Japan, wie jeder Staat, ein nach Machterwerb und Machterhalt strebender Akteur wäre. Die Direktinvestitionen würden also genau zu diesem Zweck eingesetzt werden.

Der zweite wäre der des Neoinstitutionalisten Richard R. Rosecrance, der in Japan den Prototyp des modernen Handelsstaates sieht, der auf Kooperation statt auf Konfrontation setzt. Die Direktinvestitionenen sind für ihn Mittel zur Intensivierung der internationalen Arbeitsteilung und damit der Interdependenz zwischen den Staaten.

 

 

 

 

 

 

 

2. Theorieansätze von Waltz und Rosecrance

 

Um die Direktinvesitionen untersuchen zu können, müssen nun die Theorieansätze von Waltz und Rosecrance vorgestellt und die wichtigsten Begriffe definiert werden.

Die neoinstitutionalistische Theorie von Rosecrance empfiehlt sich für diese Arbeit, weil er Japan als Modell des neuen Handelsstaates durch sein ganzes Werk hindurch nennt. Ob seine Annahmen dahingehend zutreffen wird zu überprüfen sein. Rosecrance setzt die Welt der Handelstaaten ab von der militärisch politischen Welt, die die vorhergehende Epoche bestimmt haben soll.

Er verwendet, um die militärisch politische Welt zu konstruieren, theoretische Annahmen der Realisten. Deshalb ist es naheliegend ihm einen ihrer Hauptvertreter, nämlich Kenneth N. Waltz, gegenüberzustellen.

Dessen neorealistische Theorie hält die Nationalstaaten weiterhin für die Hauptakteure der Weltpolitik. Er verneint, wie wir sehen werden, eine weitgehende Kooperation der Staaten und hält die internationale Interdependenz für nicht so relevant.

 

2.1. Die Neo-Realistische Theorie d. Internationalen Politik (K. Waltz)

 

Waltz verwendet für die Darstellung der Internationalen Politik einen Systemansatz.  Das heißt, das internationale System besteht aus Einheiten       ( units ), die in einer bestimmten Struktur ( structure ) zueinander stehen. Er definiert das System als

„... a set of interacting units. At one level, a system consists of a structure, and the structure is a system-level component that makes it possible to think of the units as forming a set as distinct from a mere collection. At another level, the system consists of interacting units.[2]

Der zentrale Punkt für Waltz ist es hier eine klare Unterscheidung zwischen der Struktur als systemweiter Komponente und der darin interagierenden units zu finden. Eine Definition der Struktur muß die Charakteristiken, das Verhalten und die Interkationen der Einheiten beiseite lassen, und kann dann ausgedrückt werden als die Positionen der Einheiten zueinander.[3] Im Gegensatz dazu kann die Ebene der units charakterisiert werden durch die Interaktion der Einheiten. Dies beinhaltet das Verhalten von Staaten, deren politischen Oberhäuptern, wirtschaftliche und soziale Institutionen usw.

Um nun das internationale System untersuchen zu können differenziert Waltz es vom nationalen politischen System wie folgt :

Während im Inland der Staat ein Monopol der legalen Gewaltanwendung hat, und so der Einzelne nicht für seinen Schutz sorgen muß, existiert etwas ähnliches in der internationalen Staatenwelt nicht. Sie ist ein anarchisches Selbsthilfesystem, wo die Einheiten zwar mit- oder gegeneinander agieren, sie aber um jeden Preis so unabhängig wie möglich sein wollen. Die „units“ sind funktionell gleich, auch wenn unterschiedliche Fähigkeiten, „capabilities“, vorhanden sein können. Durch internationalen Handel und Auswirkungen von Handlungen des einen Staates auf den anderen entsteht eine lose Interdependenz, die er im Gegensatz zur innerstaatlichen Integration sieht, die auf internationaler Ebene unmöglich ist. Die Unsicherheit über Pläne und Ziele des anderen verhindert hier Kooperation.

Um nun die Struktur der internationalen Beziehungen untersuchen zu können, simplifiziert er die internationale Staatenwelt mit Hilfe der mikroökonomischen

Theorie[4] :

Diese Theorie, entwickelt von Adam Smith, konzentriert sich auf die zwei Hauptkonzepte der Ökonomie, dem Markt und der Einheiten ( Personen und Firmen).

Der Waltz’sche „Markt“ ist das internationale Staatensystem, da es, wie seine ökonomische Analogie, dezentralisiert und anarchisch ist, und nach einem Selbsthilfeprinzip aufgebaut ist. Die ökonomische Einheit ist der egoistische Nutzenmaximierer, die die Struktur des Marktes definieren, in der politischen Welt sind die Staaten, Reiche und Nationen die strukturellen Bestimmungs-größen. Ihr primäres Ziel ist die Überlebenssicherung. Alle wirtschaftlichen, militärischen und politischen Unternehmungen dienen diesem einen Zweck, denn das Überlebensmotiv liegt allen Handlungen der Staaten in einer unsicheren Welt zugrunde.

Nun komme ich zum spezifischen Charakter der „units“ im internationalen System, also der Staaten, deren Analyse später im Mittelpunkt stehen soll.

Staaten sind zwar nicht die einzigen Akteure im internationalen Staatensystem, aber die Hauptakteure auf die man sich in der Analyse bzw. der Theoriebildung konzentrieren muß. So folgt er der ökonomischen Theorie und beschreibt Staaten als Firmen und die nicht-staatlichen Akteure als „non-firm actors“, die zwar auch Einfluß ausüben, aber sich nicht auf die Struktur auswirken.[5]

 Waltz bestreitet nicht den augenscheinlichen Einfluß der nicht-staatlichen Akteure, jedoch

„ The conclusion that the state-centric conception of international politics is made obsolete by them does not follow“ [6]

Dies begründet er unter anderem dadurch, daß die Staaten immer noch die Rahmenbedingungen setzen, in denen operiert wird. Sie verfügen über ökonomische, militärische und politische Mittel, die den nicht-staatlichen Akteuren nicht zur Verfügung stehen. Die Lebensdauer von Staaten übersteigt seiner Meinung nach die von Unternehmen. Das letzte Argument, daß er anhand eines Vergleichs der Überlebensfähigkeit von den USA, der Sowjetunion und einigen anderen Staaten und einiger Unternehmen wie Ford oder IBM darstellt[7], hat sich mit dem Auflösen der UdSSR schon von selbst widerlegt, da die beiden Firmen heute noch bestehen und mittlerweile älter sind, als  die Sowjetunion je geworden ist.

Transnationale Bewegungen sind für ihn Teil des Prozesses und nicht der Struktur des internationalen Staatensystems.

Nach der erfolgten Zusammenfassung der neorealistischen Theorie von Waltz möchte ich den institutionalistischen Ansatz von Richard N. Rosecrance behandeln, der die Zukunft der Staaten in einer interdependenten Welt des Handels sieht.

 

2.2. Der Rosecrancesche Handelsstaat in den Internationalen Beziehungen

 

Die Theorie von Rosecrance, ist eine historisch soziologische Theorie. Durch die empirische Untersuchung realhistorisch faßbarer Konfigurationen, wie z. B. die beiden Weltkriege, die Zeit der handelnden Stadtstaaten usw., versucht Rosecrance idealtypische Modellvorstellungen, wie z.B. die  Überwindung des Krieges durch zunehmende Interdependenz,zu entwickeln.

Es ist ein dualistischer Ansatz, der realistische mit institutionalistischen Modelle verbindet, der von Keohane und Nye entwickelt wurde und auf dem Dualismus von Macht und Interdependenz basiert.[8]

So unterscheidet Rosecrance zwei politische Realitäten in den Internationalen Beziehungen voneinander, einmal die militärisch politische Welt, und, zum anderen, die Welt des Handels.[9]

Die militärisch politische Realität zeichnet sich durch eine Hierarchie der Staaten (als Einheiten) aus, die alle nach Macht bzw. Territorium und Vorherrschaft streben, da sie die Angst vor der Dominanz des anderen gemeinsam haben. Krieg ist hier die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Hier stützt er sich vornehmlich auf Annahmen von Waltz  :

-die Welt ist ein anrchisches Selbsthilfe-System

- die Staaten streben nach Macht um das dominierende Bedürfnis der Überlebenssicherung zu befriedigen

-   es gibt nur eine lose Interdependenz zwischen den Staaten[10]

In der Welt des Handels dagegen gibt es keine hierarchische Unterscheidung der Staaten mehr, sondern nur eine funktionale Unterscheidung (z.B. Industrie- u. Agrarstaat, Nuklear- u. Konventionalmacht)[11]. Ihr Einfluß ist zwar unterschiedlich, ihr Status aber grundsätzlich gleich. Es gibt Konkurrenz unter ihnen, aber auch eine strukturelle bzw. komplexe Interdependenz. Die Theorie der komplexen Interdependenz wurde entwickelt von Robert O. Keohane und Joseph S. Nye.[12]

Auf Krieg werden die Handelsstaaten verzichten, da er den Handel und die Interdependenz, auf der dieser basiert, unterbricht. Dies liegt an den steigenden Kosten des Krieges ( v.a. aufgrund der Nuklearwaffen und des Vorteils des Verteidigers gegenüber dem Aggressor) und der Aufrüstung. So ist der Preis zur Gewinnung neuen Territoriums ungleich höher als der für ökonomische Entwicklung und wirtschaftlichen Aufstiegs[13]. Die immensen Kosten übersteigen den zweifelhaften Nutzen eines Krieges um ein Vielfaches und machen den Krieg für einen rational handelnden Staat obsolet. Hier liegt allerdings auch eine Problematik in der Argumentation von Rosecrance, da Kriege nicht nur bzw. fast nie aus rationalen Gründen begonnen werden, sondern auch Perzeptionen und Feindbilder eine wichtige Rolle spielen.

Rosecrrance kommt zu der These, daß nicht die militärischen Hegemonialmächte USA und UdSSR die „world leaders“ des nächsten Jahrhunderts sein werden, sondern die international orientierten Handelstaaten Europas und Asiens ( hier speziell Japan).

Die Akteure in der Handelswelt sind nicht nur Staaten, sondern auch transnationale, nicht-staatliche und internationale Organisationen, die eine wichtige Rolle bei der Verflechtung der Staaten spielen, da z.B. eine japanische Firma X die Geld in ein anderes Land investiert hat, kein Interesse daran haben kann, daß durch einen Krieg mit der betreffenden Nation das Kapital verloren geht.

Während die Staaten früher die Wirtschaft lenken konnten, sieht Rosecrance nun einen neuen Trend :

„ ... In fact the major tendencie has been in a reverse direction : the increasing ability of economic forces to elude state control. In an interdependent world the state is no longer in command and its ability to control economic events is declining.“

Die Staaten, das gilt insbesondere für Japan, sind abhängig von Rohstoffen, die importiert werden müssen. Das zwingt sie, so die These, freundschaftliche Beziehungen mit dem Lieferland aufzubauen.

Japan dient Rosecrance als Modell des neuen Handelsstaates, da es sich, nach Rosecrance, militärisch nur auf seine Verteidigungsfähigkeit konzentriert, dafür aber um so stärker auf das ökonomische Wachstum, anstelle von Landgewinn, um den Wohlstand und den Lebensstandard der Bevölkerung im Inland zu erhöhen.[14]

Es stellt sich die Frage, wessen Teorieansatz am ehesten taugt, um das außenwirtschaftliche bzw, außenpolitische Verhalten Japans zu analysieren. Deshalb will ich nun aus den Theorien Erklärungsmodelle für die  japanische Investitionspolitik herleiten, um dann zu prüfen, welches eher der Realität entspricht.

 

2.3.  Japanische Investitionspolitik aus neorealistischer und neo-

          institutionalistischer Sicht

 

Wenn Japan ein Waltz’scher Akteur wäre, der mit einer einheitlichen Strategie aufträte, würden die Direktinvestitionen nur der Einflußsicherung in der Weltwirtschaft dienen. Der Kapitalfluß in die USA, der mit Abstand der größte ist, und auch der in die europäischen Länder, diente des Aufkaufs und der Schwächung der Hauptkonkurrenz aus den westlichen Industriestaaten. Die Investitionen in den asiatischen Ländern hätten den Erhalt der wirtschaftlichen Vorherrschaft in der Region zum Zweck, die nach der Auffassung von William Nester, einem Neorealisten, schon zu einem Abhängigkeitsverhältnis der regionalen Nachbarn geführt hat[15]. Die Direktinvestitionen in die Entwicklungsländer wären nur zur Erschließung von Ressourcen und der Sicherung des Zugangs zu ihnen da, auch sie sollen durch monopsoistische[16] Importe Japans abhängig gemacht werden.

Richard Rosecrance dagegen sieht in den Direktinvestitionen einen beiderseitigen Nutzen. So sagt er zu den Investitionen Japans in den USA  :

„ Such direct investment represents a much more permanent stake in the economic welfare of the host nation than exports to that market could ever be. Foreign production is a more permanent economic commitment than foreign sales ...  [17]

Die Kapitalanlagen der Japaner in anderen Ländern sollen also allgemein zur Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen dienen, die Interdependenz steigern und die Wohlfahrt der Bevölkerung im Zielstaat mehren. Investitionen in die asiatischen Länder dienen der regionalen Arbeitsteilung. Außerdem sollen sie dort und in den Entwicklungsländern den Lebensstandard erhöhen, um dort Absatzmärkte zu schaffen.

 

Um diese Aussagen nun zu überprüfen werden im folgenden die Direktinvestitionen  Japans analysiert.

 

3.  Die Direktinvestitionen Japans

 

Die Steigerung der weltweiten Interdependenz und die Globalisierung  des internationalen Wirtschaftssystems  lassen sich nur bedingt durch das Ansteigen des weltweiten Sozialproduktes oder die Zunahme der Exporte erklären. Hier sind die Direktinvestitionen hilfreicher. Seit den frühen 80ern haben die FDIs ( Foreign Direct Investment) eine dreifache Zuwachsrate als die Exporte und eine vierfache Steigerung als das Bruttosozialprodukt.[18] Dies zeigt die zunehmende Wichtigkeit dieser Kapitalflüsse. Ausserdem sind sie für eine politikwissenschaftliche Untersuchung von Vorteil, da sie ein aktives Moment in der Wirtschaftspolitik darstellen. Die Höhe der Exporte mag die momentane Importanz eines Landes für den Exporteur zeigen, die Investitionen zeigen die zukünftigen Interessen, und können einen Aufschluss über die Ziele eines Akteurs geben.

Bevor wir uns allerdings ihrer Analyse  zuwenden, muß der Terminus hinreichend definiert sein. Franklin Root bietet uns zwei Definitionen[19] :

Erstens als

„...investment in enterprises located in one country but ‘ effectively controlled’ by residents in another country. “

und in einer zweiten Definition, die er vom U.S. Department of Commerce übernimmt, als

„ ... all foreign business organizations in which a U.S. person, organization, or affiliated group owns an interest of 10 percent or more. “

Die DIs ( Direktinvestionen) Japans in die USA sind also, zum Beispiel,  das langfristige Kapital, das durch japanische Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum in den USA in Firmen ( Erwerb, Modernisierungs- und Erweiterungs-ausgaben ) und Liegenschaften ( Grundstücke und Immobilien) nach Amerika geflossen ist. 

Um die japanischen Direktinvestitionen zu analysieren bot sich die Aufteilung nach Regionen und Entwicklungsstand an, da die Investitionen in Industrie- und Entwicklungsländer sich in Höhe   ( s. Abb.2 u. 3 ), Qualität und Zielsetzung voneinander unterscheiden, und die Nachbarstaaten Japans eine gesonderte Rolle spielen.

Die Gründe für Investitionen Japans in andere Länder können vielfältiger Natur sein :

Machtpolitisch etwa die Entwicklung von Abhängigkeit weniger wirtschafts-starker Länder durch einseitige Ausrichtung der Exporte auf Japan, z.B. durch den Aufbau von Zulieferindustrien, die von japanischen Abnehmern abhängig sind. Der Kauf von Firmen in Schlüssel- und Zukunftsindustrien in anderen Industrieländern (z.B. Elektronik, Biotechnik usw.) um wirtschaftsstrategische Vorteile zu schaffen wäre ein anderes Motiv. Ein weiteres machtpolitisches Ziel könnte die Gewinnung von Einfluß auf den Arbeitsmarkt des Ziellandes ( durch hohe Beschäftigungslage ), um es innenpolitisch „erpressbar“ zu machen, feindliche Übernahmen von ausländischen Konkurrenten um Monopole aufzubauen ein anderes.

Kooperationspolitische Gründe könnten zum Beispiel die Schaffung von joint-ventures zum gegenseitigen wirtschaftlichen Vorteil sein, Investitionen zur Aufbauhilfe, Export von Know-How um gemeinsame Forschung zu ermöglichen, Schaffung von Interdependenz als Grundlage von Kommunikation, Abbau des Devisenüberschusses um das Währungssystem nicht zu bedrohen, und Schaffung von neuen Absatzmärkten durch Entwicklung, was zum beider-seitigen Vorteil gereichen sollte.

Während das Ziel Japans, aus neorealistischer Weltsicht, nur die Weltmarktbeherrschung sein kann, würden Neoinstitutionalisten das Ziel der japanischen Politik die liberale Weltwirtschaft und größtmögliche Transparenz durch Interdependenz nennen. 

Um aber die regionale Entwicklung und die dahintersteckenden politischen Intentionen verstehen zu können, muß man sie im historischen Kontext sehen, da Wirtschaftsphase ( Konjunktur, Rezession usw.) und die Währungssituation in der Weltwirtschaft Einfluß auf die Investitionen haben.

Welche Zielsetzungen dahinterstecken, und ob diese eine eher realistische oder rationalistische Einschätzung des außenpolitischen Akteurs Japan begründen, soll dann im folgenden untersucht werden.

 

3.1. Die Entwicklung der japanischen Direktinvestitionen

 

Bis Anfang der 70er Jahre waren die japanischen Auslandsinvestitionen gering, wenn man von einigen Unternehmungen zur Ressourcenerschliessung absieht. Dann, nach der ersten Yen-Aufwertung durch das Bretton-Woods-Regime 1972, begannen die japanischen Unternehmen Direktinvestitionen als integralen Bestandteil ihrer Marktstrategie durchzuführen, da arbeitsintensive Industrien an Wettbewerbsfähigkeit einbüßten. So verlagerten einige Firmen ihre Produktion in die umliegenden Niedrig-lohnländer[20]. Nachdem die Investitionen in Folge der ersten Ölkrise stagniert hatten, stiegen sie Anfang der 80er Jahre wieder an, vor allem der Anteil des tertiären Sektors ( Handel und Dienstleistungen) stieg rapide.[21] Der höchste Anstieg stand allerdings noch bevor :

Die japanische Wirtschaft verfolgte bis Mitte der 80er Jahre eine rein exportorientierte Strategie, die fast gänzlich auf den US-Markt ausgerichtet war. Die daraus entstehenden chronischen Handelsüberschüsse entwickelten sich zunehmend zum Konfliktpotential. So beschlossen dann am 22. September 1985 die Finanzminister der G5 ( heute G7, damals USA, Japan, BR Deutschland, Frankreich und Großbritannien) eine massive Abwertung des US-Dollars gegenüber dem japanischen Yen und der Deutschen Mark um die amerikanische Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.[22]

Zusammen mit verschiedenen protektionistischen Maßnahmen der USA ( z.B. die Super-301 Klausel, die Japan als unfairen Handelspartner aussondert und mit Strafzöllen von bis zu 100 % belegt ) sorgte das für einen Umschwung in der japanischen Wirtschaftspolitik. Das Ziel war die Stärkung der Binnennachfrage gekoppelt mit massiven Investitionen, um einerseits den Exportrückgang aufzufangen und andererseits nicht mehr wettbewerbsfähige, kostenintensivere Industrien in die asiatischen Nachbarländer zu verlagern und Handelsbarrieren in den USA zu umgehen.[23]

Diese Umstrukturierung und eine Börsenhausse, einhergehend mit einer massiven Steigerung der Immobilienwerte, führte zu einer „Superliquidität“, die die japanischen Großunternehmen in den Dienst ihrer Weltmarktstrategie stellten.[24]

So konnten sich diese Firmen Kapital praktisch zum Nulltarif erwerben, was in den Jahren nach ’85 bis zum Spitzenpunkt 1989 zu einer inflationären Entwicklung der Direktinvestitionen führte ( Abb. 1).

Nach der Konsolidierung des Aktienmarktes, die von einer Rezessionsphase Anfang der 90er begleitet wurde, gingen die Direktinvestitionen von 67,5 Mrd. US-$ ( 1989 ) auf 34,1 Mrd. ( 1992 ) zurück, was also keine politischen Gründe hatte, sondern eher eine Normalisierung darstellte.

Die Motive für Direktinvestitionen und deren regionale Entwicklung sollen nun, angefangen mit den USA und dem für Japan weniger wichtigen Europa, untersucht werden.

 

3.2. Direktinvestitionen in die USA und die EU- Konkurrenzkampf oder Arbeitsteilung ?  

 

Ein Großteil der japanischen Direktinvestitionen fliessen, zumindest seit dem Plaza-Währungsabkommen bis heute, in die USA[25], während Europa in der regionalen Verteilung  auf dem dritten Platz hinter den asiatischen Ländern liegt.[26] Die notwendigen Investitionen nach Deutschland (v.a. in die neuen Bundesländer) sind vergleichsweise gering.[27] Welchem Zweck diese unterliegen wird aber durch die Höhe nicht deutlich. Wichtig ist hier, die verschiedenen Typen von Investitionen differenzieren :

Die japanischen Investitionen in die USA kann man in drei Phasen gliedern. Erstens wurde nach der ersten Ölkrise Kritik an dem exportorientierten Wachstum Japans laut, so daß die hohen Exportüberschüsse als Direktinvestitionen zumindest zum Teil zurückflossen. Durch die ständige Präsenz und die massive Ausdehnung der Investitionen nach dem Plaza-Abkommen 1986-89 entstand die Befürchtung, die amerikanische Wirtschaft würde durch die japanischen Unternehmen aufgekauft werden. Als Folge dessen, und auch um den Anschluss auf dem EU-Binnenmarkt nicht zu verlieren, gewannen die europäischen Staaten an Wichtigkeit für die japanische Wirtschaft. Die wichtigsten Typen von Direktinvestitionen in die westlichen Industrieländer sind nach Komya[28] :

1)  Produktion hinter den Handelsbarrieren. Viele Staaten antworteten auf die japanische Exportoffensive in den 50er und 60er Jahren mit der Errichtung von protektionistischen Barrieren ( in den USA vor allem Autos und Fernseher). Um diese tarifären ( Zölle ) und nichttarifären ( Einfuhrquoten, local content Regelungen) Handelshemmnisse zu umgehen gründeten japanische Unternehmen entweder sogenannte „Schraubenzieherfirmen“, die nur die aus Japan gelieferten Einzelteile zusammenbauten, oder verlagerten ihre Produktion direkt zum Zielmarkt[29]. Die großen Autofirmen wie Honda oder Toyota zogen dann sogar ihre Zulieferfirmen nach, ein Klon der japanischen Industrieverflechtung entstand. Die japanische Stahlindustrie produzierte in den USA.[30] Das schuf zwar Arbeitsplätze in den USA, vor allem in den traditionellen Stahlstandorten im Gebiet der Großen Seen, allerdings verdrängte es auch viele inländische Zulieferfirmen vom Markt, was wiederum Jobs kostete, und für negative Perzeptionen sorgte.

2)  Groß- und Einzelhandel. Die großen japanischen Handelshäuser ( ‘sogo shosha’ ) haben einen großen Anteil an den DIs. Einerseits investieren sie in den Aufbau oder Kauf von Handelsketten, andererseits auch in die Produktion. Sie bauen in Übersee nicht nur einzelne Fertigungswerke sondern ganze Industrieparks, um kleinen und mittleren Zulieferunternehmen  die Ansiedlung zu ermöglichen.[31] Dies ist allerdings nicht auf die westlichen Industrieländer beschränkt, sondern gilt allgemein.

3)  Finanzen und Versicherungen. Seit den 80er Jahren, speziell ab 1985 investierten japanische Banken und Versicherungsunternehmen im Ausland und gründeten dort Ableger, vor allem in den USA und Großbritannien, aber auch in den sogenannten Steueroasen wie Luxemburg, den Bahamas, den Cayman Islands, Hong Kong und Panama.

4)  Investitionen in Immobilien und Liegenschaften. Hier fallen eine Reihe von Investitionen darunter, so zum Beispiel der Kauf von Grundstücken oder der Kauf von Immobilien zwecks Vermietung. Der sicherlich spektakulärste Kauf war der Erwerb des Rockefeller Centers in Manhattan, der in Japan als Prestigeerfolg gefeiert wurde.

5)  Forschungslabors. Eine Anzahl von Unternehmen richten sich Forschungslabors in den USA, Großbritannien und Deutschland ein, um den Technologieaustausch zu verstärken.

Die Investitionen können in die Errichtung neuer Fabriken, Handelsketten oder Laboratorien fliessen oder zum Kauf von ausländischen Firmen dienen.

Die Befürchtung Japan wolle das, was militärisch im Weltkrieg nicht gelang, nämlich die pazifische Vorherrschaft vor den USA nun mit wirtschaftlichen Mitteln erreichen, ist oft formuliert worden. Aussagen japanischer Politiker und Unternehmer, die das „rassisch homogene Japan“ dem „geschichtslosen, rassisch zusammengewürfelten USA“ eine „natürliche“ Überlegenheit andichteten, trugen zu dieser Perzeption bei.[32] Wenn diese richtig wäre, könnte man in Japan den nach Macht strebenden Waltz’schen Akteur sehen.

Der Erwerb von wirtschaftlichen vielleicht weniger wichtigen, aber prestige-trächtigen Objekten wie dem Rockefeller Center durch Mitsubishi oder die Universal Studios in Hollywood durch Matsushita  verstärkten dieses Bild [33].

Das Japan strategisch die Vorherrschaft zu gewinnen versucht, dafür können auch die Firmenübernahmen ein Indiz sein. So kam es allein 1986, also im ersten Jahr nach dem Plaza-Abkommen, zu 400 Übernahmen nur in der amerikanischen Elektronikbranche durch japanische Unternehmen, allerdings waren keine feindlichen Übernahmen darunter.[34]

Durch langfristig angelegte Strategien, die den kurzfristig auf Gewinne zielenden amerikanischen überlegen waren, vernichteten die japanischen Unternehmen ganze Industriezweige ( z.B. Videorekorderproduktion)[35].

Bedrohlich aus amerikanischer Sicht könnte auch der hohe japanische Anteil am kommerziellen Vermögen in Amerika’s Großstädten sein, z.B. kontrollierten Japaner 1991 11% des Vermögens in New York, 20% in Houston und 23% in L. A..[36]

Andererseits sind vor allem die Immobilienanlagen nicht spekulativer Natur, sondern langfristig angelegt. Dies ist einer der Punkte, der für die Rosecrance’sche Sichtweise spricht. Ein zweiter ist die Tatsache, daß japanische Automobilfirmen und Halbleiterhersteller, gemäß des „Halbleiterabkommens“ von 1986, in den USA nicht nur für den amerikanischen Markt produzieren, sondern nach Japan exportieren, was volkswirtschaftlich allein Amerika zum Vorteil gereicht, andererseits auch das Handelsbilanzdefizit der USA verringert, und für politische Beruhigung sorgt.[37]

Die Weiterentwicklung der internationalen Arbeitsteilung wird auch gefördert durch gemeinsame Forschung und Entwicklung. Wenn japanische Unternehmen die lange streng geheim gehaltene Forschung internationalisieren, schafft das in Amerika und auch in Europa hochqualifizierte Arbeitsplätze.

Die Schaffung neuer Arbeitsplätze macht allerdings auch das Land, in denen die Produktionseinheiten, gebaut werden zu einem gewissen Grad abhängig. Da  japanische Firmen 1988 schon 160000 Arbeiter und Angestellte, mit steigender Tendenz, in Amerika beschäftigten, wäre der Abbau dieser Arbeitsplätze ein herber Verlust[38]. Allerdings haben sich japanische Multis schon so in den USA engagiert, das eine Auseinandersetzung, ob Handels- oder militärischer Krieg, auch ihnen große wirtschaftliche Einbussen verursachen würde.

Direktinvestitionen zwischen Industriestaaten fördern die Interdependenz weit mehr, als das der Handel tut, da sie langfristiger angelegt sind. Deutlich wird dies unter anderem bei dem Versuch der japanischen Unternehmen, durch gezielte Investitionen zu verhindern, daß es im Zuge des europäischen Binnenmarktes zu einer „Festung Europa“ kommt. Vor 1992 schufen sie in Europa, hier vor allem in Großbritannien, Brückenköpfe, um den Zugang zum Markt nicht zu verlieren. Dies waren anfangs vor allem sogenannte Schraubenzieherunternehmen die halbfertige, aus Japan gelieferte Produkte zusammenbauten. Da dies aber den Technologiefluß behindert, führte die EU „local contant“-Regelungen ein, d. h. ein Produkt gilt nur dann als in Europa produziert, wenn 80% des Wertes in der Union gefertigt wurde. Dies zwang die japanischen Unternehmen, Fertigungsstätten in Europa zu bauen, da die Handelskonflikte mit den USA den europäischen Binnenmarkt immer interessanter als alter-nativen Absatzstandpunkt werden lassen. 

Wenn die japanischen Direktinvestitionen helfen können, einen „Kampf der Triade“, d.h. Handelskonflikte zwischen den wirtschaftlichen Ballungsräumen Japan, Amerika und Europa zu verhindern, wäre dies sehr hilfreich im Blick auf die zunehmende Globalisierung der Weltwirtschaft.[39]

Während die Direktinvestitionen in die westlichen Industriestaaten interde-pendenzverstärkend sind und auf eine Internationalisierung des Handels und des Produktionsprozesses hindeuten, muß nun untersucht werden, ob die Investitionen in die asiatische Region nicht zu einem von Japan dominierten und abhängigen Markt führen sollen, der im Ringen um die ökonomische Suprematie in der Welt als Ausgleich zur amerikanischen Freihandelszone NAFTA und dem europäischen Binnenmarkt dienen soll.

 

 

3.3. Die Direktinvestitionen im pazifischen Raum- Sicherung der     

Vormachtstellung oder regionale Arbeitsteilung ?

 

Die japanischen Direktinvestitionen in den südostasiatischen Raum erfolgten in vier Wellen : Erst Investitionen zur Ressourcenerschliessung ( Energie und Rohstoffe), dann verlagerten erst die japanischen Großunternehmen (die zweite Welle, 1978-84), danach die Mittel- und Kleinbetriebe ( dritte Welle, 1985-89) ihre arbeitsintensiven Industrien in die asiatischen Nachbarländer. Zuerst waren die Zielländer die Newly Industrialized Economies ( NIEs)[40], danach die ASEAN-Staaten[41]. Diese erreichten 1989 ihren ersten Höhepunkt mit 8,26 Mrd. US-$ [42]. Die vierte Welle, die 1991 begann und seitdem stetig anhielt, zielt auf die entstehenden Absatzmärkte in diesen Ländern, vor allem aber auf Chinas potentiell gigantischen Verbrauchermarkt.[43]

Die Kritik an den japanischen Investoren hört sich in den Zielländern meist identisch an : sie dominierten alle Führungspositionen, handelten lieber mit lokalen chinesischen Geschäftsleuten denn mit Einheimischen, die Bezahlung wäre schlechter als bei europäischen oder amerikanischen Konzernen, die besseren Jobs wären für japanische Arbeiter reserviert, das einheimische Personal zuwenig geschult usw.[44] Vor allem wird ihnen aber vorgeworfen, daß die technologischen Investitionen hinter denen anderer ausländischer Multis zurückblieben, sie lokale Hersteller verdrängen, die Eliten korrumpieren  und ihre Umweltproblematik exportieren würden.[45]

Würden japanische Unternehmen wirklich nur die Produktionsfaktoren Arbeit, Ressourcen und Umwelt ausbeuten, und die Abhängigkeit der südost-asiatischen Staaten von Japan wäre so immens, daß daraus auch politische Vorherrschaft entstanden wäre, könnte man Japan quasi koloniale Absichten unterstellen. So sagt William Nester, daß Japan mit minimalen Kosten die Abhängigkeit der NIEs und der ASEAN-Staaten schon erreicht hat, und durch diese einseitige Dependenz über lange Zeit Japan zumindest die ökonomische Vorherrschaft in der Region behalten wird.[46]

Andererseits darf man auch das japanische Interesse an einer wirtschaftlichen Entwicklung in der Region nicht vergessen. Durch die regionale Arbeitsteilung sind in den NIEs schon Absatzmärkte entstanden, für die die japanischen Unternehmen vor Ort mit einheimischen und japanischen Zulieferern produ-zieren. Auch die ASEAN-Staaten und China werden in Zukunft nur interessante Märkte, wenn die Kaufkraft der Konsumenten ausreicht. Schon allein deshalb kann also eine Ausbeutung dieser Länder nicht von Vorteil sein.

Außerdem zeigt Takeshi Aoki am Beispiel Malaysias, wie ein Entwicklungsland mit Hilfe von japanischen Direktinvestitionen seine Wirtschaft modernisieren und umstrukturieren konnte, und heimische wie japanische Unternehmen davon profitieren konnten.[47] Die japanischen Firmen banden nämlich in der Netzwerkstruktur, die sie in Malaysia aufbauten, heimische Firmen mit ein. Zusätzlich sorgte die malaysische Regierung durch, wenn auch geringe, local-content-Regelungen dafür, dass lokale Unternehmen in den Produktionsprozess eingebunden wurden. Dadurch kam es zu Technologie- und Know-How-Austausch. Zusätzlich belieferten die malaysischen Firmen nicht nur japanische Unternehmen, sondern auch an europäische und amerikanische Konzerne, um die Abhängigkeit von den japanischen Firmen nicht übermässig werden zu lassen. Mittlerweile verlegen japanische Elektronikkonzerne wie der Sony-Ableger Aiwa nicht nur die Herstellung, sondern auch das Produktdesign und die Entwicklung nach Malaysia. Ähnliche Entwicklungen haben sich auch in Thailand abgespielt, in der Elektronikbranche wie in der Automobilherstellung.[48]

Eine Angst vor einem Yen-Block braucht man derzeit nicht zu haben, denn in kaum etwas sind sich die asiatischen Nachbarn so einig, wie in dem Wunsch nach einer Liberalisierung des Welthandels.[49]

Die Region Südostasien wird von Japan sicherlich wirtschaftlich dominiert. Normale Prozesse internationaler Arbeitsteilung spielen sich zwischen den Staaten ab. Dadurch das die Profitabilität von Investitionen in den NIEs, den ASEAN-Staaten und China weltweit am höchsten ist, verwundert es nicht, dass Unternehmen dorthin massiv investieren[50]. Die asiatischen Volkswirtschaften benötigen diese Investitionen auch, um weiterhin wirtschaftliche Zuwachsraten verzeichnen zu können.

Die Frage ist nun ob die Direktinvestitionen in andere Entwicklungsländer dort ebenfalls für eine Erhöhung des Lebensstandards, oder ob diese Länder in einem einseitigen Abhängigkeitsverhältnis zu Japan stehen.

 

3.4. Investitionen in Entwicklungsländer- Aufbau oder

                                Abhängigkeit ?

 

Nur ein geringer Teil der japanischen Direktinvestitionen fliesst in nicht-asiatische Entwicklungsländer. Für Japan interessant ist hier vor allem Latein-amerika, wegen seines Ressourcenreichtums und seinen wachsenden Märkten[51].

In Lateinamerika werden die japanische Investitionen begrüsst, da so die Abhängigkeit von den USA gemindert wird. In Panama, wohin die meisten Investitionen fliessen, sind es hauptsächlich japanische Tanker, die aus Steuer-gründen unter panamaischer Flagge fahren. In Mexico finden japanische Firmen einen doppelten Vorteil, zum einen günstige Arbeitskräfte, zum anderen eine Produktionsplattform innerhalb der NAFTA. Dadurch wird Mexico auch in den nächsten Jahren interessant bleiben. Hier ist Japan zweitgrösster Investor nach den USA. In Brasilien wird vor allem investiert wegen des riesigen Marktes und zum Export in die südlichen Länder Japan ist hier drittgrösster Investor hinter Amerika und Deutschland. In Brasilien beteiligen sich japanische Unternehmen auch am Ausbau der Infrastruktur.[52]

Man kann also kaum behaupten in Lateinamerika würde eine Abhängigkeit von Japan entstehen, vielmehr helfen die japanischen Großkonzerne, nicht ohne Eigennutz, die Macht der amerikanischen zu brechen, obwohl die aus den ASEAN-Staaten lautgewordene und im letzten Kapitel beschriebene Kritik auch in diesen Ländern geäussert wird.

 

 

 

4. Resümee

 

Meiner Meinung nach sind die Direktinvestitionen in die USA und auch nach Europa sicherlich keine Almosen zur Schaffung neuen Arbeitsplätze, sondern es stecken handfeste japanische Interessen dahinter, z.B. die Umgehung von Handelsbarrieren oder die Absatzsicherung im Zielmarkt . Allerdings profitieren Investor wie Empfänger von diesem Kapitalfluß, und außerdem gibt es wohl keine eindeutig „japanischen Interessen“, sondern eine Vielzahl von pluralistischen Akteuren mit unterschiedlichen Absichten ( wie z.B. die Regierung und ihre Ministerien, die Großkonzerne ( Sony, Mitsubishi, Toyota, Matsushita usw.), mittelständische Firmen usw. ).

Die Investitionen in der asiatischen Region dienen einerseits zur Aufbauhilfe und der Wiedergutmachung, andererseits soll der wirtschaftliche Vorsprung gesichert werden. Allerdings impliziert wirtschaftliche Vormachtstellung in der Region noch lange keine politische Durchsetzungskraft.

Die Sicherung der Ressourcen ist das Ziel des Geldflusses von Direktinvestitionen und der im weiteren nicht näher behandelten Entwicklungshilfe in die ärmeren Regionen der Welt. Globale Themen wie der Anstieg der Weltbevölkerung und gerade die Umweltproblematik lassen hier für Japan die Entwicklungsländer zu wichtigen Partnern werden, denen es zu helfen gilt.

Japanische Grosskonzerne investieren in aller Welt. Ihr Ziel ist die Gewinn-maximierung. Darin unterscheiden sie sich nicht von Multis aus anderen Staaten. Daraus aber abzuleiten, daß es eine „Japan AG“ gibt, die gezielt auf eine Beherrschung der Weltwirtschaft aus ist, wäre vermessen. Vielmehr spiegeln sich in den Direktinvestitionen Prozesse internationaler Arbeitsteilung wider, die die Interdependenz zwischen den Volkswirtschaften verstärkt. Hier, wie Rosecrance, eine Unmöglichkeit eines Krieges zu folgern, ist aber verfrüht, da Nationen, bzw. ihre Führer, nicht immer nach Kosten-Nutzen-Rechnungen handeln. Seine Handelswelt  scheint im entstehen zu sein, allerdings bleiben die Nationalstaaten, da muß man Waltz zustimmen, weiter bestimmende Akteure in der Weltpolitik. Man muß Rosecrance jedoch recht geben, daß Direktinvestitionen in ein Land mehr zur Interdependenz beitragen als es Handel allein je tun könnte, allerdings ist die entstehende Dependenz ungleichgewichtig zum Nachteil des jeweiligen Gastlandes. Die Hauptnutzniesser sind allerdings die internationalen Großkonzerne. Wie sich die zunehmende Macht der transnationalen Konzerne entwickelt kann man jetzt noch nicht sagen. Augenscheinlich unterschätzt Waltz deren Bedeutung in der Weltpolitik.

Abschliessend bleibt zu sagen, das der Akteur Japan in keine der beiden Theorien hundertprozentig hineinpasst, obwohl ich den Ansatz Rosecrance einmal abgesehen von seiner Annahme das Staaten nur des Handels willen auf Krieg verzichten für durchaus beachtenswert halte.

Japan anhand der Direktinvestitionen genau einordnen zu wollen, ist problematisch, da es zu viele Akteure und Faktoren gibt, die diese beeinflussen, und deren Betrachtung den Rahmen gesprengt hätte. Es bleibt zu sagen, daß japanische Direktinvestitionen für ein globales Wirtschaftswachstum unerläßlich sind und daher ein weiteres Engagement der japanischen Unternehmen in aller Welt, insbesondere auch in Deutschland, erwünscht ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Anhang

 

Abbildungen:

 

Quelle u. Verfasser : siehe Abb.2

 

6. Literatur :

 

Balassa, Bela / Noland, Marcus : Japan in the World Economy,

                                                          Washington, 1988

Bridges, Brian : Japan and Korea in the 1990s, Aldershot : Elgar, 1993

Buzan, Barry / Jones, Charles / Little, Richard : The Logic of Anarchy,  

                                                                                    New York, 1993

Chernotsky, Harry : Trade Adjustment and Foreign Direct Investment :         

                                   Japan in the United States, in : Pacific Focus 1 (2),

                                    Fall 1986, p.67- 79

Hunsberger, Warren G. : Japan’s Quest, New York, 1997

Inoguchi, Takeshi : Japan’s Foreign Policy in an Era of Global Change,

                                   London, 1993

Keohane, Robert O. (ed.) : Neo-Realism and Its Critics, New York, 1986 

Keohane, Robert O. / Nye, Joseph S. :  Power and Interdependence,    

                                   2. Aufl., Glenview u.a., 1989

Komya, Ryutaro : The Japanese Economy : Trade, Industry, and

                                Government, Tokyo, 1990

Lincoln, Edward J. : Japan’s Unequal Trade, Washington, D.C., 1990

Mason, T. David / Abdul, Turay M. : US - Japan Trade Friction, London,          

                                                              1991

Maull, Hanns W. : Japan und Europa : Getrennte Welten ? Frankfurt am

                                Main, 1993

Mayer Hans J. / Pohl, Manfred (Hrsg.) : Länderbericht Japan, Bonn,

                                                                     1994

Mendl, Wolf :Japan’s Asia Policy, London, New York, 1995

Morhard, Jürgen M.H. :  Wirtschaftliche Sicherheit und Politik in Japan,

                                           Hamburg, 1989

Nester, William N. : Japan’s Growing Power over East Asia and the

                                   World Economy, London, 1990

Newland, Kathleen : The International Relations of Japan,London, 1990

Pohl, Manfred : Japans Rolle in Ostasien : Großmacht wider Willen ?,

              in :  Aus Politik und Zeitgeschichte ( Beilage zur Wochenzeitung :

              Das Parlament ), B 50/94, 16. Dezember 1994

 

 

Prestowitz, Clyde V. Jr. : Trading Places. How America Allowed Japan

                                            to Take the Lead, Tokyo, 1988

Radke, Volker : Entwicklung oder Abhängigkeit ? , Frankfurt / New York,

                            1992                                                                                                       

Root, Franklin R. : International Trade and Investment, 7. Aufl.,

                                 Cincinnati, 1993

Rosecrance, Richard : The Rise of the Trading State, New York, 1986

Rosecrance, Richard; Taw, Jennifer : Japan and the Theory of International

                              Leadership, in : World Politics 52 (2), Jan. 1990, S.184-209  

Waltz, Kenneth N. : Theory of International Politics, Reading u.a., 1979

 

Zeitungsartikel :

 

(Japanese foreign direct investment) Walkman factories don’t walk,

The Economist, vom 12. März 1988

(Japanese foreign direct investment) Love and hate in America,

 The Economist, vom 19. März 1988

 (Japanese foreign direct investment) Poor ASEAN meets rich Japan,   

 The Economist, vom 26. März1988

Viele Japaner gehen auf Tauchstation, F.A.Z., vom 8. Dezember 1992

Concern at Japan’s surplus crosses Pacific, Financial Times, vom            

20. April 1994

The second wave, The Economist, vom 7. Mai 1994

Japan and Asia - A question of balance, The Economist, vom 22. April

          1995

Foster, Angus, Japan’s $1bn for Brazil, Financial Times, vom 14.März 1996

Odrich, Barbara, Auch Japan produziert im Ausland, Frankfurter Allgemeine

                              Zeitung (FAZ), vom 19.10. 1995

 

Internet :

 

APEC - Informationen : http://club.jpn.net/infomofa/apecinfo/www/role/fact/

Direktinvestitionen in den USA : http://www.bea.doc.gov/bea/fdius-d.htm

 

 

Informationen vom Ministry of Trade and Industrie (MITI), Japan :

                                                  http://www.jef.or.jp/

Japans Direktinvestitionen in ASEAN :

                                          http://club.jpn.net/infomofa/asean/investments.html

Japan External Trade Organization ( JETRO ) : http://www.jetro.go.jp/

Ministry of Finance, Japan : http://www.mof.go.jp/

Ministry of Foreign Affairs, Japan : http:/www.mofa.go.jp/

 

 

 

 



[1] Vgl. Schmieglow, Henrik : Japan’s strategischer Pragmatismus : Bedrohung oder Modell, in : Maull,1993

[2] Waltz, 1979,

[3] ders., 1979, S.79f.

[4] Die mikroökonomische Grundlage seiner Theorie ist genauer beschrieben in : Waltz, a.a.O.,S.89-91,und 93f.

[5] ebd.,S.94

[6] Waltz, a.a.O., S.94

[7] Waltz, a.a.O., S.95

[8] vgl. Rosecrance, The Rise of the Trading State, 1986, S. 62ff., er bezieht sich hier auf den Ansatz v. Keohane/Nye, allerdings auf die erste Auflage des in Anm. 10 erwähnten Werkes ( New York, 1977)

[9] Rosecrance, a.a.O., S.22ff.

[10] Die militärisch-politische Welt, in ihrer Realität der 80er Jahre ist beschrieben v.a. in Rosecrance,a.a.O.,      

   S.111-149

[11] Rosecrance, a.a.O., S.24f.

[12] der grundlegende Entwurf zur komplexen Interdependenz findet man bei Keohane, R.O./ Nye, J.S., Power and Independence, 1989, S.8-19 u. 23-38

[13] Vor- und Nachteile (bzw. die Kosten) der beiden Modelle sind dargelegt in : Rosecrance, a.a.o., S.30-43

[14] Die Benutzung des Beispiels Japans zieht sich durch das ganze Werk. Zu der Bevorzugung der Ökonomie anstelle des Militärs siehe : Rosecrance, 1986, S.211. Seine Theorie der zukünftigen Führungsmacht Japan führt er aus in : Rosecrance / Taw , Japan and the Theory of International Leadership, in : World Politics 52 (2), Jan. 1990, S.184-209

[15] vgl. Nester, William, The Third World in Japan Foreign Policy, in : Newland, Kathleen, 1990, S. 73ff.

[16] Zur Erklärung v. monopsoistischen Strukturen s. Root, F.R., International Trade and Investment, 1993, S.135f.

[17] Rosecrance, 1986, S. 147

[18] vgl. Root, a.a.O., S. 601ff.

[19] Die Zitate finden sich Root, a.a.O., S.354 (Nr.1) bzw. S.601 (Nr.2). Nach der Definition des­ US-Departments werden auch die Berechnungen des japanischen Finanzministeriums durchgeführt. Allerdings weist Komiya zurecht auf die Probleme in der Messung der Direktinvestitionen und der Unterscheidung von kurzfristigen Portfolioinvestitionen hin.( vgl. Komiya, Ryutaro, The Japanese Economy : Trade, Industry, and Government, Tokyo, 1990, S. 113-116). Da ich allerdings nur das angegebene Datenmaterial verwenden konnte, musste ich diese Unzulänglichkeit in Kauf nehmen.

[20] Zum Beispiel nach Südkorea, Taiwan, Hong Kongund die ASEAN-Staaten; vgl. Komiya, a.a.O., S.120

[21] So waren 1986 schon über die Hälfte der Direktinvestitionen in Finanzen und Versicherungen sowie Liegenschaften ( Immobilien und Grundbesitz) zu verzeichnen; vgl. Koiyama , a.a.O., S.122

[22] Eine Erläuterung der Auswirkungen des Plaza-Währungsakkordes auf die japanische Wirtschaft findet man bei

Becker, Helmut, Börse, Banken, Immobilien : Das spekulative Element der Wirtschafts- und Finanzpolitik, in :

Mayer / Pohl, Länderbericht Japan, Bonn, 1994, S. 292-308

[23] vgl. Tokunaga, Japan’s Foreign Investment and Asian Economic Interdependence, Tokyo,1992, S. 9-11.

[24] Vgl. Becker, a.a.O., S.296ff. Die Aufblähung der Börse und der Immobilien ( „bubble economy“) und ihre langfristigen Folgen sind hier näher dargestellt.

[25] 1994 waren es 42,1% der Gesamtsumme ( 1801,6 Mrd. Yen), 1995 : 44,1% ( 2184,5 Mrd. Yen), 1996 : 45,8%        ( 2478,9 Mrd. Yen ). Daten vom Ministry of Finance, Japan ( http://www.mof.go.jp/english/fdi/e1c008a2.htm )

[26] Europa : 1994 : 15,2 % ( 652,5 Mrd. Yen ), 1995 : 16,7 % ( 828,1 Mrd. Yen ), 1996 : 15,3 % ( 830,5 Mrd. Yen )

 ( Datenherkunft siehe Anm.25 ), vgl. auch Abb. 2 u. 3

[27] vgl. Viele Japaner Gehen auf Tauchstation, F.A.Z., vom 8. Dez. 1992

[28] Komya,a.a.O., S.131-35; von den acht vom Autor genannten Typen stelle ich an diesem Punkt nur die für dieses Kapitel wichtigen fünf dar.

[29] vgl. Komiya, a.a.O., S.126f..; Hier werden die Direktinvestitionen infolge von Handelshemmnissen am Beispiel der Farbfernseher beschrieben.

[30] vgl. Mason, T. David u. Abdul, Turay M., U.S.-Japan Trade Friction, London, 1991, S.23

[31] vgl. Odrich, Barbara, Auch Japan produziert im Ausland, FAZ vom 9. Okt. 1995

[32] vgl. Mayer, Jürgen / Pohl, Manfred, Länderbericht Japan, Bonn, 1994, S.332f.

[33] vgl. Mayer / Pohl, a.a.O., S. 293 und Hunsberger, Warren G., Japan’s Quest, New York, 1997, S.52

[34] vgl. Balassa, Bela / Noland, Marcus, Japan in the World Economy, Washington 1988, S.121ff.

[35] Prestowitz, Clyde V. Jr., Trading Places. How America Allowed Japan to Take the Lead, Tokyo, 1988, S.19f.

[36] Mason, T. David / Abdul, Turay M., U.S.-Japan Trade Friction, London, 1991. Die in den Großstädten nicht ungern hingenommenen Käufe sorgten allerdings in Hawaii für massive Proteste, da japanische Käufer die Boden- und Immobilienpreise in, für Einheimische, unerschwingliche Höhen trieben.

[37] Siehe für den Export Balassa, B. / Noland M., (Anm. 31), S.122.

[38] Vgl. Love and hate in America,  The Economist vom 19.03.1988

[39] vgl. Inoguchi, Takeshi : Japan’s Foreign Policy in Era of Global Change, London, 1993, S.77-85

[40] Südkorea, Taiwan, Hong Kong und Singapur

[41] Philippinen, Thailand, Malaysia, Indonesien, Singapur und Brunei

[42] vgl. Concern at Japan’s surplus crosses Pacific, Financial Times vom 20. April 1994

[43] vgl. Pohl, Manfred : Japan’s Rolle in Ostasien : Großmacht wider Willen ?, in : Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 50/94, 16. Dezember 1994, S.27f.. Der Autor beschreibt hier diese vier Wellen. William Nester unterscheidet die Investitionen nach Typen : DIs in arbeitskosten-intensiven Industrien (1), die hauptsächlich nach Südkorea, Taiwan und Hongkong gehen, Ressourcenabbau (2) in Indonesien und China, und kapitalintensive Industrien in Singapur. (1) + (2) trifft auf Thailand, Malaysia und die Philippinen zu. (vgl. Nester, William R., Japan’s Growing Power over East Asia and the World Economy : Ends and Means, London, 1990, S.93f.). Wegen der Lohnkostenentwicklung in den NIEs gehen allerdings vermehrt japanische Firmen mit ihren arbeitskostenintensiven Produktionen wie Textilien und Elektronik nach China oder in die ASEAN-Staaten.

[44] Vgl. Nester,1990,a.a.O.,S.114

[45] ebd.,S.123, siehe auch : Poor ASEAN meets rich Japan, The Economist, vom 26.03.1988

[46] Nester William, The Third World in Japan’s Foreign Policy, in : Newland, Kathleen, The International Relations of Japan, London, 1990, S.73ff.

[47] Aoki, Takeshi, Japanese FDI and Forming of Networks in the Asia-Pacific Region : Experiece in Malaysia and Its Implications, in : Tokunaga, Shojiro (ed.), Japan’s Foreign Investment and Asian Economic Interdependence, Tokyo, 1990, S. 73-111

[48] siehe The second wave, The Economist, vom 7. Mai 1994

[49] vgl. Pohl,a.a.O. (Anm.42),S.29f.

[50] vgl. Japan and Asia- A question of balance, The Economist, vom 22. April 1995

[51] Nester, The Third World in.., (Anm. 45), S.73-75. Lateinamerika hatte 1994 einen Anteil von 12,8% an den Direktinvestitionen, 1995 waren es 7,5% und ’96 9,3%. Zum Vergleich : Afrika und der Mittlere Osten lagen in diesem Zeitraum jeweils unter 1%. ( Datenherkunft siehe Anm.25)

[52] So investierten sie 1 Mrd. US-$ 1996 in den Ausbau von Straßen, vgl. Japan’s $1bn for Brazil,Financial Times, 14. März 1996