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§;I. Erste Aufgabe
A. Zulässigkeit
1. Bund-Länder-Streit
a) Zuständigkeit
b) Parteifähigkeit
c) Streitgegenstand
d) Antragsbefugnis
e) Frist und Form
f) Ergebnis
2. Abstrakte Normenkontrolle
B. Begründetheit
1. Verstoß gegen Art. 83, 84 GG
2. Verstoß gegen Art 85 III GG .
a) Verletzung durch den Inhalt der Weisung
(1) Meinungsstreit über die materielle Prüfung des Weisungsinhalts
(2) Ergebnis des Meinungsstreits
b) Verletzung durch Inanspruchnahme der Weisungsbefugnis
(1) Zuständigkeit des Weisungsgebers
(2) Richtiger Weisungsempfänger
(3) Umfang der Weisung i.S.d. Art. 85 III GG
(a) Grammatische Auslegung
(b) Historische Auslegung
(c) Systematische Auslegung
(d) Ergebnis
(4) Weisungsklarheit
(5) Gebote der Bundestreue
(a) Anwendbarkeit
(b) Resultierende Verfahrensgrundsätze
(c) Rechtfertigung der Verletzung
(i) Bekannte Meinung des G
(ii) Völkerrechtlicher Vertrag
(a) Ausnahme der Eilbedürftigkeit
(b) Pflicht der Länder zur Erfüllung von völkerrechtlichen Verträgen des Bundes durch die Bundestreue
(c) Wirksamkeit des Vertrages
(i) Abschlußkompetenz des Bundes
(ii) Abschlußkompetenz der Regierung
(iii) Abschlußverfahren
(d) Ergebnis
(6) Übermaß- Verbot
(a) Anwendbarkeit
(i) Gegen eine Anwendung
(ii) Für eine Anwendung
(iii) Eigene Ansicht
(b) Verhältnismäßigkeitsprüfung
(i) Geeignetheit
(ii) Erforderlichkeit
(iii) Proportionalität
C. Ergebnis
II. Zweite Aufgabe
A. Zulässigkeit
B. Begründetheit
1. Bundestreue
a) Anwendbarkeit
b) Resultierende Verfahrensgrundsätze
c) Rechtfertigung der Verletzung
2. Übermaßverbot
a) Anwendbarkeit
b) Verhältnismäßigkeitsprüfung
(1) Geeignetheit
(2) Erforderlichkeit
(3) Proportionalität
C. Ergebnis
Widerholt traten Havarien in einem Block des Kernkraftwerkes K im Bundesland
L auf. Das Umweltministerium des Landes als zuständige oberste Landesbehörde
wurde darüber von der Betreibergesellschaft zunächst nur vereinzelt
in Kenntnis gesetzt. Einen erneuten Störfall nahm der Landesumweltminister
Grünling (G) zum Anlaß, auf der Grundlage von § 19 III
AtG eine einstweilige Stillegung anzuordnen, um eine gründliche Überprüfung
des betreffenden Blocks durchführen zu lassen. Im Ergebnis der Prüfung
stellte sich heraus, daß das Sicherheits- und Kühlsystem des
sog. Primärkreislaufs durch die starke Gammastrahlung Schwachstellen
zeigte.
Im Oktober 1994 wurde der Betreibergesellschaft mitgeteilt, daß
eine Aufhebung der einstweiligen Stillegung erst nach einer Kontrolle der
Schadensbeseitigung durch G in Frage komme.
In dem dann im Februar 1995 von der Betreibergesellschaft vorgelegtem
Gutachten eines unabhängigen Überwachungsvereins wurde bestätigt,
daß das Kernkraftwerk nunmehr voll funktionsfähig und der aufgetretene
Mangel behoben worden sei. Zu dem gleichen Ergebnis gelangte die Reaktorsicherheitskommission,
ein Gremium mit beratender Funktion beim zuständigen Bundesminister
für Umwelt und Reaktorsicherheit, Dr. Murkel (M).
Unbeeindruckt von diesen Untersuchungsergebnissen meinte G, als Landesminister könne er eine Wiederaufnahme der Arbeit des Blocks, der sich als störanfällig erwiesen hat, auf der bisherigen Grundlage nicht verantworten und ordnete Anfang April 1995 eine Neubewertung des Sicherheitskonzepts an.
Die Betreibergesellschaft führte daraufhin Beschwerde bei M. M zeigte sich entschlossen, der Politik des G entgegenzuwirken. Er forderte G auf, die einstweilige Stillegung aufzuheben und die umgehende Inbetriebnahme des Reaktors anzuordnen.
Mitte April 1995 übermittelte M dem G ein ausführlich begründetes Schreiben mit der Bezeichnung "Bundesaufsichtliche Weisung". Darin wird - unter Verweis auf die relevanten Bestimmungen des Grundgesetzes - folgendes angeordnet:
"a) Sofort die einstweilige Stillegung aufzuheben, um die Wiederinbetriebnahme des betreffenden Blocks des Kernkraftwerkes zu ermöglichen;
b) in Zukunft bei anderen Störfällen in den kerntechnischen Anlagen des Bundeslandes L, die zu deren Behebnung notwendigen einstweiligen Stillegungen aufzuheben, wenn die Reaktorsicherheitskommission die Behebung der Schäden in einem Gutachten bescheinigt hat."
M erklärte, daß er sich zu dieser Weisung auch deshalb genötigt sehe, weil die Bundesregierung im April 1995 in einem völkerrechtlichen Vertrag mit den regierungen der Nachbarstaaten B und C u. a. die Verpflichtung eingegangen sei, noch 1995 im Rahmen eines zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Energieverbundnetzes Elektroenergie auch aus dem Kernkraftwerk K des Bundeslandes L zu liefern und als verläßlicher Vertragspartner auftreten müsse.
G protestierte gegen das Vorgehen des M. Die bundesaufsichtliche Weisung des M sei eine Verletzung des Atomgesetzes. Außerdem sei ihm das im Grundgesetz zugesicherte rechtliche Gehör nicht gewährt wordenn. Der zweite Teil der Weisung sei im übrigen eine unzulässige allgemeine weisung, die einer allgemeinen Verwaltungvorschrift gleichkomme. Für deren Erlaß sei M nicht zuständig. Ganz offenkundig verstoße die Weisung auch gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot. Schließlich erlange der von M erwähnte völkerrechtliche Vertrag für das Bundesland L keine Verbindlichkeit, weil es - im Widerspruch zum Grundgesetz - als besonders betroffenes Land vor Vertragsabschluß nicht gehört worden sei.
M weist die Vorwürfe des G zurück. In einem erneuten Schreiben führt er aus, daß er die Vorgaben des bundesfreundlichen Verhaltens eingehalten habe. Es komme wegen der Aufgabenverteilung im bundesstaatlichen System auf die Rechtmäßigkeit des Inhalts der Weisung gar nicht an. Eine regelrechte Anhörung, wie es G wohl verlange, sei im Grundgesetz nicht vorgesehen und wäre auch überflüssig gewesen, da er die "Abschaltpolitik" des G schon zur Genüge kenne. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot sei schon deshalb ausgeschlossen, weil es im Bund-Länder-Verhältnis keine Anwendung finde.
Eine rechtzeitige Anhörung des Bundeslandes L zu dem es betreffenden Gegenstand der Energielieferung im Rahmen des völkerrechtlich vereinbarten Energieverbundes mit den Nachbarstaaten B und C sei nicht möglich gewesen, weil die betreffenden Bestimmungen erst unmittelbar vor Unterzeichnung des Verwaltungsabkommens auf Drängen der Vertragspartner in der Hauptstadt des Nachbarstaates B aufgenommen wurden. Nachdem das Verwaltungsabkommen inzwischen in Kraft getreten ist, gelte für die Bundesrepublik der völkerrechtliche Grundsatz "pacta sunt servanda", dem sich nun auch das Bundesland L nicht als Teil der Bundesrepublik widersetzen dürfe.
1. Aufgabe: Prüfen Sie gutachtlich, ggf. hilfsgutachtlich, ob eine Klage des Bundeslandes L gegen die Weisung des M vor dem Bundesverfassungsgericht zulässig und begründet ist.
Abwandlung:
Es sei unterstellt, daß es im März 1995 in einem typengleichen Reaktor im europäischen Staat Z zu einem ähnlichen Störfall kommt, wie im fraglich Block des Atomkraftwerkes K mit einem bisher nicht für wahrscheinlich gehaltenen erheblichen Gefährdungspotential für die Gesundheit der Bevölkerung. Renommierte Experten stellen die Richtigkeit des Gutachtens der Reaktorsicherheitskommission nun öffentlich in Frage. Die Reaktorsicherheitskommission bleibt jedoch bei ihrer gutachtlichen Stellungnahme, so daß M die genannte Weisung erläßt.
Dabei soll angenommen werden, daß die Bundesregierung das o. g.
Verwaltungsabkommen mit den Nachbarstaaten B und C nicht abgeschlossen
hat.
2. Aufgabe: Wie sind die Erfolgsaussichten der Klage in diesem Fall
zu beurteilen?
1 Benda-Klein VerfProzeßR Rn.
995 S. 418
2 M/D-Herzog Art. 62 I 2 a, bb
3 Pestalozza VerfProzeßR §
9 Rn. 6 S. 135
4 Benda-Klein VerfProzeßR Rn.
991; Pestalozza VerfProzeßR § 9 Rn. 7 S. 135
5 Söhn "Die abstrakte Normenkontrolle",
in: BVerfG und GG I S. 292 (312f); Stern StR II § 44 IV 5 a , S. 986
6 Pauly S. 222f
7 Pauly S. 224
8 BVerfGE 81, 310 (332)
9 Ossenbühl, in: Der Staat 28,
S. 35f; BVerfGE 81, 310 (333)
10 Winter, S. 995
11 Ossenbühl, in: Der Staat 28,
S. 45
12 Tschentscher, S. 390
13 Ossenbühl, in: Der Staat 28,
S. 45
14 Steinberg, in: AöR 110 (1985)
S. 419f
15 Schulte Rechtsnatur S. 428; Tschentscher,
S. 379
16 Ossenbühl, in: Der Staat 28,
S. 47
17 Isensee, Anwendung der Grundrechte
auf juristische Personen, in: HStR V, § 118 Rn. 24 S. 580
18 SB/K-Schmidt-Bleibtreu Art. 19
Rn. 14 S. 461; BVerfGE 61, 82 (103f)
19 BVerfGE 81, 310 (334)
20 Mangoldt-Klein III Art. 85 IV 2
b cc
21 M/D-Lerche Art. 85 Rn. 50
22 Parlamentarischer Rat 1948/49:
Verhandlung des Hauptausschuß 19.1.49 45. Sitzung S. 595f
23 so auch: Schäfer, in: DÖV
1960, S. 648
24 Depenbrock, Weisungsrecht S. 235;
Ossenbühl Verwaltungsvorschrift und GG S. 372f
25 M/D-Lerche Art. 85 Rn. 50; AK-GG-Bull
Art. 85 Rn. 15; Ossenbühl Verwaltungvorschrift und GG S. 373
26 Schäfer, in: DÖV 1960,
S. 648
27 M/D-Lerche Art. 85 Rn. 50
28 Bartlsperger, in: BK VII Art. 90
Rn. 92
29 BVerfGE 81, 310 (336)
30 BVerfGE 12, 205 (254)
31 Schunk/De Clerck Allg. StR, 2.Teil,
Abschnitt A, Kapitel 9 IV, S. 257
32 BVerfGE 12, 205 (255); Stern StR
I, 19 III 4 e , S. 703; AK-GG-Bull vor Art. 85 Rn. 93
33 BVerfGE 81, 310 (337); Stern StR
I § 19 III c , S. 693
34 BVerfGE 81, 310 (338)
35 BVerfGE 81, 310 (338); Rudolf,
in: HStR IV § 105 Rn. 22
36 Steinberg, in: AöR 110 S.
435
37 BVerfGE 81, 319 (337); AK-GG-Zuleeg
Art. 32 Rn. 11
38 BVerfGE 6, 309 (361f)
39 Bleckmann StR I Rn. 1332 S. 582
40 Geiger GG und VölkerR §
34 I 3 a) S. 160
41 BVerfGE 1, 372 (380f)
42 Schweitzer StR III Rn. 139, S.
56; AK-GG-Zuleeg Art. 32 Rn. 14
43 M/D-Maunz Art. 32 Rn. 69
44 !!!! Seidl-Hohenverldern VölkerR
4. Aufl., Rn. 178 S. 63 !!!!
45 vMünch-Rojahn Art. 32 Rn.
30
46 !!!!! Seidl-Hohenveldern VölkerR
Rn. 280; Kimminich Einführung in das VölkerR 2. Aufl. S. 236
!!!!
47 Bleckmann StR I Rn. 1332, S. 582
48 Rudolf, in: HStR IV § 105
Rn. 22
49 vgl. Ossenbühl, in: Der Staat
28, S. 34f
50 BVerfGE 21, 150 (165)
51 ständige Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgericht z.B. E 67, 256 (289); E 81, 310 (338)
52 Degenhart StR I Rn. 336, S. 123
53 Tschentscher S. 242f; Degenhart
StR I Rn. 336, S. 123
54 Lange Weisungsrecht S. 84
55 Lange Weisungsrecht S. 83
56 BVerfGE 23, 127 (133); Stern StR
I 20 IV 7 a, S. 861
57 Lerche Übermaß und VerfassungsR
S. 77f
58 Die "Extremfall-Ausnahme" des Bundesverfassungsgericht
in E 81, 310 (334)
59 BVerfGE 30, 292 (316)
60 BVerfGE 30, 292 (316)
61 Pieroth/Schlink StR II Rn. 310
S. 75
62 Pieroth/Schlink StR II Rn. 310
S. 75
63 BVerfGE 81, 310 (334)
64 Isensee in: HStR IV § 96 Rn.
146, S. 596; BVerfGE 81,