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Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2-0 Beispiele produkt- und prozeßbezogener Dienstleistungen
Abbildung 2-1 Segmentierung der deutschen Transportdienstleistungsmärkte
Abbildung 2-2 Strukturierung des Dienstleistungsbereichs
Abbildung 2-3 Erscheinungsformen des Externen Faktors
Abbildung 2-4 Leistungserstellung im Input-Output-Prozeß
Abbildung 3-0 Transportdienstleistungen zwischen Industrialisierung und Interaktion

1 Einführung

1.1 Motivation zum Thema und Ziel der Arbeit

Dienstleistung und Kundenorientierung sind zwei eng verbundene Begriffe, die in den letzten Jahren überall und inzwischen auch in der Logistikbranche immer mehr in den Fokus betriebswirtschaftlicher Aktivitäten geraten sind. Levitt bemängelte schon 1960 in seinem legendären Aufsatz die "Marketing Myopia", die Kurzsichtigkeit des Managements, der Kunde würde sich primär am Produkt und nicht an der Erlangung einer Leistung orientieren[1]. Die Entwicklung der Transportwirtschaft und ihres Managements war in den 60er Jahren von anderen Werten als der Kundenorientierung und der Produktinnovationen geprägt. Die zahlreichen staatlichen Deregulierungsmaßnahmen Mitte/Ende der 80er Jahre, die ökologische Revolution auf der Nachfrager- und Anbieterseite und die gewachsenen logistischen Herausforderungen (u.a. in Bezug auf Flexibilität, die "just-in-time"-Verfügbarkeit von Produkten und Materialien) führten Anfang/Mitte der 90er Jahre zu einem Preisverfall in bestimmten Transportmärkten von 20, 30 Prozent[2]. Nach dem mittlerweile fast alle Mitbewerber im Logistiksektor praktisch auf die gleichen technologischen Ressourcen zurückgreifen können und der Binnenmarkt der Europäischen Union mit der bevorstehenden Währungsunion zusätzlich auf die Preisentwicklung (und -angleichung) einflußnehmen, müssen neue Möglichkeiten gefunden werden, sich durch differenzierte Leistungsangebote zu profilieren. Die Entdeckung der Serviceleistung am Kunden als wesentliches Element und "Erfolgs-Enabler" einer auf Kundenzufriedenheit ausgerichteten Unternehmens- und Produktstrategie ("value added services"), die überlebenssichere Marktpositionen ermöglicht, führt zu der Frage nach der Notwendigkeit einer Industrialisierung der Produktion von profitablen Dienstleistungen in Anlehnung an Rationalisierungsansätze in materialistischen Produktionssystemen[3].
Ist jede Dienstleistung beliebig industrialisierbar - welche Aspekte sind beim Management der "Transportdienstleistungsproduktion" vor dem Hintergrund der Kundenorientierung und -zufriedenheit zu beachten? Sind die Nachfrager von Transportdienstleistungen primär am Output der Dienstleistungsproduktion interessiert oder am Prozeß selbst? In welchem Maße interagiert der Kunde mit dem eigentlichen Dienstleister und wie sind er und/oder seine Güter in den Leistungserstellungsprozeß integriert? Die Ermittlung von Merkmalen industriell- bzw. interaktionsorientierter Dienstleistungen soll zentrale Basis dieser Hausarbeit sein, die einen Beitrag leisten möchte, die logistische Dienstleistung "Transport" in ihren Ausprägungen im Spektrum interaktionsorientierter und industriellorientierter Dienstleistungen einzuordnen.


Gerade die Vielfältigkeit von Transportdienstleistungen, z.B. Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP), Ladungsverkehre, Markenartikeldistribution oder Kontraktlogistik machen es notwendig, den Dienstleistungsbegriff etwas genauer zu untersuchen und eine Systematisierung der Dienstleistungsproduktion vorzunehmen.


Für das Management von Transportdienstleistungen stellen sich im Hinblick auf absolute Kundenorientierung - bisher als typische Aufgabe des Marketing definiert - besondere Aufgaben. Welche relevanten strategischen Ansätze zur Kundenorientierung gibt es und worauf muß sich das Management von Transportdienstleistern konzentrieren?


Neben wichtigen marketingpolitischen Aufgaben (z.B. Definition und Umsetzung abgestimmter Marktbearbeitungsstrategien), die im Vorfeld und während der "Herstellung" von Transportdienstleistungen zu lösen sind, muß sich das Management von Transportdienstleistungsbetrieben mit dem "produktionspolitischen" Problem des effizienten Faktoreinsatzes, also der Organisation und Abstimmung des betrieblichen Leistungserstellungssystems beschäftigen. Es ist nur verständlich, daß es für verschiedene Geschäftsfelder von Transportdienstleistern auch differenzierte Schwerpunkte der Managementaktivitäten gibt. Die vorliegende Arbeit soll deshalb keine generelle Handlungsempfehlung für die Transportwirtschaft geben, sondern vielmehr für (ausgewählte) Transportmarktsegmente vor dem Hintergrund der Kundenorientierung Möglichkeiten rationeller, industrieller Transportdienstleistungen in Verbindung mit interaktionsorientierten Serviceleistungen ausloten.

1.2 Methodik der Problemlösung

Im ersten Teil der Arbeit soll das Begriffsverständnis für die Dienstleistung "Transport" erläutert werden. Insbesondere die beiden Extrema der Ausprägung von Dienstleistungen - die rein interaktionsorientierte Dienstleistung, bei der sich der Leistungserstellungsprozeß unmittelbar auf den Kunden und die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse bezieht und die industrialisierte Dienstleistung, die theoretisch den Gesetzen der Massenproduktion gehorcht, werden anschließend detailliert erläutert. Im dritten Kapitel werden schließlich unterschiedliche Transportdienstleistungen in das interaktionsorientierte/industriellorientierte Dienstleistungsmodell eingeordnet, flankiert von einer Reihe Praxisbeispielen. Die grundsätzlichen strategische Ansätze der Kundenorientierung werden vor dem Hintergrund der Differenzierung bei Transportdienstleistungen im vierten Kapitel genauer untersucht. Insbesondere die Schlußfolgerungen für das Management der Kundenorientierung von kleinen und mittelständigen Transportdienstleistern werden sich möglicherweise von denen großer Speditionen unterscheiden und sollen differenziert betrachtet werden.

2 Zum Begriffsverständnis von Transportdienstleistung und interaktionsorientierter/industriellorientierter Dienstleistungsproduktion

2.1 Dienstleistungstheoretische Grundlagen

Der Dienstleistungsbegriff wird in der Literatur in den unterschiedlichsten Bedeutungszusammenhängen diskutiert. Zurückzuführen ist der Begriffsinhalt auf das französische Wort "Service", das wiederum abgeleitet ist vom lateinischen "servire". Dieses meint eher den hörigen Dienst unter dem Befehl eines Herren. Die englische Bedeutung ("Service", "to serve") kommt dabei unserem eher wirtschaftlichen Verständis am nächsten - Kundendienst, Kundenbetreuung, "Dienste-Leisten", jemandem etwas Nützliches, Förderliches oder Zuträgliches tun, gut zu bedienen[4]. Dienstleistungen sind im Gegensatz zu materiellen, stofflichen Produkten Wirtschaftsgüter immateriellen Charakters[5]. Sie sind selbständige marktfähige Leistungen, die auf Bereitstellung und/oder den Einsatz von Potentialfaktoren gerichtet sind.


Die Faktorkombination des Diensteanbieters vollzieht an einem Dienstobjekt (Kunde, Objekt des Kunden) nutzenstiftende Verrichtungen[6]. Der Gutscharakter sowie die Unstofflichkeit von Dienstleistungen sind einer der Gründe für die Abgrenzung bei der sektoralen Einteilung einer Volkswirtschaft in drei Sektoren - den primären, landwirtschaftlichen Sektor, den sekundären Industriesektor und den tertiären Dienstleistungssektor[7]. Die sektorale Einteilung stellt jedoch nur eine eher rein volkswirtschaftlich-theoretische Sicht der Dienstleistungsproduktion dar. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird sich zeigen, daß bei der Sachleistungserstellung im Konsum- bzw. Investitionsgüterbereich immer ein wesentlicher Anteil Dienstleistungen "mitproduziert" wird.


In der Dienstleistungstheorie[8] werden allgemein folgende besondere Merkmale einer Dienstleistung spezifiziert:


* Abstrakte, immaterielle Leistung
* Nicht-Lagerfähigkeit
* i.d.R. nicht transportfähig
* Nicht-Beherrschbarkeit des externen Produktionsfaktors
* Notwendigkeit der Vorhaltung von Leistungsbereitschaft für stochastisch auftretende Bedarfsfälle
* Uno-actu-Prinzip - Simultaneität von Erstellung, Weitergabe und Verwertung der Dienstleistung
* erschwerte Standardisierungsmöglichkeiten

Es ist zu erkennen, daß der Dienstleistungsbegriff inhaltlich mehrere Bedeutungsdimensionen haben kann. Einerseits wird von der "Potential-Orientierung" der Dienstleistung gesprochen. Hier wird die Vorhaltung eines Potentials von Faktorkombinationen wie Humanressourcen, materiell-greifbaren Gütern (Gebäude, Grundstücke, Maschinen und Anlagen) und rein-imateriellen Gütern (Informationen, Know-How etc.) gemeint[9].
Der "prozessuale Charakter" der Dienstleistung stellt den noch nicht abgeschlossenen Erstellungsprozeß in den Mittelpunkt. Mehrere Autoren sind gerade hier der Meinung, daß Dienstleistungen sehr wohl eine materielle, stoffliche Eigenschaft besitzen können, insbesondere wenn der Erstellungsprozeß mit einer stofflichen Veränderung mit stofflichen Wirkungen und Ergebnissen einhergeht.


Ein besonders charakteristisches Merkmal des Dienstleistungsprozesses ist das "uno-actu-Prinzip" - die Synchrononität von Erstellung, Übergabe und auch Verwertung der Dienstleistung. Die Produktions- und Absatzkurven von Dienstleistern sind somit praktisch identisch. Das impliziert hohe Anforderungen in puncto Flexibilität des Dienstleistungspotentials, insbesondere der Dienstleistungsbereitschaft. Bei der output-orientierten Betrachtung der Dienstleistungsproduktion steht für den Kunden allein das Ergebnis der Dienstleistung im Vordergrund (Transport von Gütern, Entsorgung von Materialien usw.). Die Art und Weise der Leistungserbringung ist von sekundärem Interesse, jedoch nicht egal. Insbesondere Restriktionen bezüglich Ort und Zeitpunkt der Erbringung bzw. die Leistungsqualität (Ladungssicherheit) lassen eine eindeutige Unterteilung in Ergebnis- und Prozeßorientierung nicht zu. Nachfolgende Abbildung enthält eine beispielhafte Einordnung verschiedener Dienstleistungen auf einer Skala zwischen reiner Ergebnisorientierung und Prozeßorientierung.

2.2 Transport als logistische Dienstleistung

Logistik umfaßt alle Tätigkeiten, die in sozialen Systemen im Zusammenhang mit dem Transport und der Lagerung von Gütern und dem Transport von Personen anfallen. Logistik bezeichnet außerdem die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Planung und Steuerung von Transport- und Lagersystemen sowie von darin ablaufenden Prozessen beschäftigt[10]. Neben dem Transport und der Lagerung von Objekten meint der Begriff der Logistik-Dienstleistung auch den Umschlag von Gütern (und Personen): TUL - Transport, Umschlag und Lagerung.

Transport ist die Aktivität der Veränderung von Objekten im Raum, insbesondere vom Ort ihres Ursprungs bis zum Ort ihrer Konsumption. Transport stiftet auf der Nachfragerseite verschiede Nutzen, "leistet jemandem Dienst". Für den Kunden ist einerseits die reine Ortsveränderung der Objekte/Güter von besonderem Wert. Anderseits ist die Transportleistung ein wesentlicher Zeitfaktor, bestimmt gerade ihre Qualität , wie schnell ein Gut von einem Punkt zum anderen gelangt und ob es zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar ist (time-in-transit). Somit liefert die Transportleistung einen elementaren Wertschöpfungsbeitrag. Diese Definitionen meinen natürlich nicht nur physische Objekte, sondern auch immaterielle Güter (Informationen) und prinzipiell auch Menschen.


"The unique position wich transportation oocupies in economic activity arises from the reduction by it of the resistances of time and space to the production of economic goods and services. The significance of this in terms of the allocation of economic resources is indicated by the fact that probably at least one third of our national wealth is directly devoted to transportation[11].


Die technologische Abwicklung des Gütertransports (Transportmodi) erfolgt über den Straßen- und Schienenverkehr, die Binnen - und Seeschiffahrt und über den Luftverkehr. Neben den Transportmöglichkeiten über Pipelines gehören Systeme des "Kombinierten (bzw. multi/intermodalen) Verkehrs ebenfalls dazu - sie verbinden Kosten- und Leistungsvorteile verschiedener Transportmodi (z.B. trailer-on-flatcar/TOFC oder container-on-flatcar/COFC) [12]. Transportleistungen sind Dienstleistungen. Sie werden durch die allgemeinen Merkmale von Dienstleistungen (Immaterialität, uno-actu-Prinzip usw.) beschrieben. Im Gegensatz zu anderen Dienstleistungen (z.B. Beratungsleistungen, Feasibility Studies) werden Transportleistungen häufig standardisiert angeboten, genügen also den durchschnittlichen Anforderungen einer größeren Zahl von Nachfragern. Der Zwang zur Standardisierung ist notwendig, um gleichzeitig die Aufgaben einer "Vielzahl von (heterogenen) Verladern" effizient zu bewältigen[13]. Das Ergebnis einer Transportdienstleistung kann nach dem Vollzug der Leistung am Objekt im Objekt gespeichert werden.


Dies äußert sich i.d.R. in einem höheren Preis des transportierten Gutes - die Wertschöpfung läßt sich also über einen gewissen Zeitraum lagern. Eine Vorratsproduktion von Transportdienstleistungen ist praktisch unmöglich. Die Ursachen liegen nicht in der Immaterialität, sondern in der Notwendigkeit der Bereitstellung des externen Faktors durch den Leistungsnehmer, ohne den die Produktion der Dienstleistung nicht vollzogen werden kann[14]. Da die Nachfrage nach Logistikleistungen immer individuell, d.h. unternehmensbezogen ist, haben sich eine größere Zahl von eigenständigen Teilmärkten mit einem differenzierten, paßgenauen Leistungsangebot entwickelt. In diesen Teilmärkten haben sich u.a. spezifische Abläufe und spezialisiertes Equipment herausgebildet (Nahrungsmittel/Frisch- und Gefrierkost, Hängende Kleiderspeditionen usw.). Die Abgrenzung systemfähiger Güter und die zusätzliche Anreicherung mit Service- und Qualitätsmerkmalen haben eigenständige Dienstleistungsprodukte entstehen lassen. Die Segmentierung ist nicht nur güterspezifisch sondern auch aus sozio-demographischen, branchenspezifischen und regionalen Aspekten zu verstehen[15].
Abgesehen von Personentransportleistungen, bei denen auch ein erhebliches Interesse am Leistungserstellungsprozeß besteht, sind Transportdienstleistungen eher ergebnisorientierte Business-to-Business-Dienstleistungen. Die Nachfrage nach Transportleistungen stellt eine abgeleitete Nachfrage dar, die durch quantitative und qualitativen Bedürfnisse der primären vorgelagerten Wertschöpfungsketten determiniert wird[16]. Daher stellt sich für das Marketing von Transportdienstleistungen neben der Frage nach optimalen Bedürfnisbefriedigung die Frage nach der Ausgestaltung und der Weiterentwicklung der Business-to-Business-Geschäftsbeziehungen[17]. Wie sehen nun diese Dienstleistungsbeziehungen zwischen den Akteuren prinzipiell aus?

2.3 Industrialisierung und Interaktion als ein konstitutives
Merkmalspaar

2.3.1 Systematisierung der Dienstleistungsbeziehungen

Der allgemeine technische Fortschritt ermöglicht es den Anbietern von Dienstleistungen, menschliche Arbeitskraft durch Anlagen und Maschinen zu substituieren. Zu unterscheiden ist auf der Angebotsseite einerseits die objektorientierte und andererseits die personenorientierte Dienstleistung, d.h. wer ist der Hauptleistungsträger - eine Person oder ein Objekt (z.B. eine Anlage oder Maschine)? Genauso lassen sich auf der Nachfragerseite objekt- oder personenorientierte Hauptleistungsempfänger differenzieren, je nach dem, ob die Dienstleistung am Objekt des Kunden oder an ihm selbst vorgenommen wird. Transportdienstleistungen lassen sich in diesem Schema als eher objektorientierte Dienstleistung sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nachfragerseite einordnen. Diese Zuordnung ist jedoch keineswegs so eindeutig. Auch im Transportbereich werden verstärkt Leistungspakete geschnürt, in denen neben der reinen Transportleistung sogenannte "value-added-services", also Zusatzleistungen angeboten werden. Dieser Aspekt soll jedoch erst später genauer untersucht werden.


Bei der Entwicklung einer serviceorientierten Unternehmenskultur wird grundsätzlich die industriellorientierte und interaktionsorientierte Sichtweise unterschieden. Industrialisierung und Interaktion stellen dabei ein konstitutives Merkmalspaar dar. Charakteristika und erste Implikationen für das Management dieser Dienstleistungen sollen nun betrachtet werden.

2.3.2 Industriellorientierte Dienstleistungsproduktion

Ausgehend vom klassischen Aufbau einer Dienstleistungsunternehmung in die drei Felder Innendienst, Außendienst und Kunden wird bei der industriellorientierten Sichtweise der Versuch gemacht, industriell-geprägte Vorstellungen des Produktionsbereichs auf den Dienstleistungssektor zu übertragen. Kern der Überlegungen ist ein aus der typischen Sachgüterproduktion bekanntes Input-Throughput-Output-Modell der betrieblichen Leistungserstellung.


Die Theorie der Faktorkombination wurde wesentlich von Gutenberg geprägt. Ein System von Produktivfaktoren, auf daß sich viele Autoren der beziehen, unterteilt in zwei Gruppen von Faktoren - Elementarfaktoren (Menschliche Arbeitsleistung, Betriebsmittel und Werkstoffe) und Dispositive Faktoren (originäre und derivative Faktoren). Erstere sind auch als Drei-Faktorenmodell bekannt. Die Arbeitsleistung wird dabei in zwei grundsätzlich verschiedene Komponenten zerlegt. Einerseits ist die objektbezogene Arbeit, also die direkt mit der Leistungserstellung im Zusammenhang stehende Tätigkeit von Interesse. Anderseits umfaßt die dispositive Arbeit all die Tätigkeiten, die mit einem definierten Maß an Weisungsbefugnis ausgestattet sind und vornehmlich auf die Vereinigung der Elementarfaktoren hinwirken. Gutenberg bezeichnet den funktionalen Zusammenhang zwischen Ausbringungsmenge (Output) und eingesetzter Faktormenge als Produktions-funktion[18].


In der klassischen Betriebswirtschaftslehre (der Produktion) werden Probleme der "Dienstleistungsproduktion" kaum berücksichtigt. Die Gutenberg´sche strenge Differenzierung zwischen Sachgüterproduktion und der Dienstleistungsbereitstellung scheint eine Produktion von Dienstleistungen abzulehnen[19]. Einige Autoren fassen den Produktionsbegriff weiter und lassen zumindest eine der Sachgüterproduktion ähnliche Dienstleistungsproduktion zu (Corsten, Altenburger usw.)[20]. Lassen sich also traditionelle, industriell-betriebliche Produktionsfaktorsysteme auf die Dienstleistungsproduktion übertragen und inwiefern erfordern sie eine dienstleistungsspezifische Ergänzung und Weiterentwicklung? Da es aber für ein allgemeines, wirtschaftszweigunabhängiges Faktorsystem irrelevant ist, welche Bedeutung einem einzelnen Produktionsfaktor in einem konkreten Produktionsprozeß zuerkannt, kann vorerst davon ausgegangen werden, daß das industrielle "3-Faktorensystem" auch auf den Dienstleistungsbereich anwendbar ist[21].


Aus der Dienstleistungsdefinition heraus ergibt sich jedoch ein wesentlicher Unterschiede zum klassischen Produktionssystem: Die Notwendigkeit der Einbeziehung des Externen Faktors, der sich der autonomen. Disponierbarkeit durch den Produzenten weitgehend entzieht (Unbeherrschbarkeit). Dieser Externe Faktor wird zwingend für den Produktionsprozeß benötigt. Welche Ausprägungen kann dieser Faktor annehmen?
Die Praxis zeigt jedoch, daß die Ausprägungen des Externen Faktors häufig "gemischt" auftreten. Für Transportleistungen sind das z.B. die sachlichen, zu transportierenden Objekte und die zur Steuerung der Dienstleistung benötigten, nicht-stofflichen Informationen (z.B. über Preis, Inhalt, Ankunftsort- und Zeit...).[22]


Bei der Erstellung von Transportleistungen fungieren neben menschlicher Arbeit und Betriebsmitteln z.B. Verkehrswege, (Halte)Stationen oder Umschlagpunkte genauso als Produktionsfaktoren wie die Leistungsobjekte, die im Mittelpunkt des Dienstleistungsprozesses stehen. Der Dienstleistungsprozeß, in dem der externe Faktor integriert wird, ist ein mehrstufiger Prozeß. In der ersten Phase wird die Leistungsbereitschaft hergestellt, aus den originären Produktionsfaktoren ein derivativer Potentialfaktor vorkombiniert. Die Vorhaltung eines bestimmten Leistungspotentials ist mit erheblichen Kosten, fixen Kosten in Form von Leerkosten verbunden. Für den Nachfrager von Transportdienstleistungen ergeben sich beispielsweise jedoch aus dieser Leistungsbereitschaft gewisse Nutzen. Einerseits stiftet die Leistungserstellung, der Gütertransport einen Beanspruchungsnutzen - die Veränderung der Objektkoordinaten im Raum. Andererseits stiftet die permanente Leistungsbereitschaft einen Bereithaltungsnutzen, der Nachfrager kann also praktisch jederzeit die Transportdienstleistung in Anspruch nehmen - Intensität und Kontinuität der Leistungsbereitschaft stellen somit für den Dienstleister ein erhebliches marketingpolitisches Potential dar[23].


In der zweiten Phase, der Endkombinationsphase werden nun die derivativen Potentialfaktoren mit dem externen Faktor des Dienstleistungsempfängers, einem Menschen und/oder Objekts , kombiniert. In dieser Phase wird der mengenmäßige Output festgelegt, während in der Vorkombinationsphase die Dienstleistung nur qualitative und in ihrer Art festgelegt wird. Die Produktionsfaktoren sind nicht unbedingt teilbar, d.h. der Einsatz des externen Faktors determiniert die Höhe der Leerkosten des Anbieters. Für einen Spediteur ist es z.B. von erheblichen Interesse, ob seine Produktionsfaktoren, also sein Fuhrpark ausgelastet sind oder nur teilweise mit dem externen Faktor seines Kunden kombiniert werden (Fixkosten der Leistungsbereitschaft).
Der Output des Dienstleistungsprozesses kann nun unter Qualitäts- und Produktivitätsaspekten bewertet werden. Lehmann[24] unterscheidet zwei Qualitätsdimensionen von Dienstleistungen - die Ergebnisqualität (Funktionalität, Stil, Nutzungsdauer, Integration, Umweltwirkung) und die Verrichtungsqualität. Die Produktivität steht im engen Zusammenhang mit der Qualität der Dienstleistung (z.B. Zeitrestriktion bei Over-Night-Transporten). Das Messen der Effektivität und der Effizienz einer Leistung läßt sich manchmal nur schwer durchführen. In bestimmten Branchen, insbesondere im Transportgewerbe entstehen für den Kunden sehr wohl Kosten, wenn z.B. der Transport der Güter mit minderer Qualität durchgeführt wird.


Neben der Zeitrestriktion, zum richtigen Zeitpunkt - also weder zu früh noch zu spät - zu liefern, spielt u.a. der Aspekt der Ladungssicherheit (z.B. Beschädigung durch unsachgemäße Beförderungsmittel) eine erheblichen Rolle bei der Produktivitätsbeurteilung der erworbenen Transportdienstleistung. Das zentrale Anliegen industriell-betrieblicher Produktionstheorien ist die Bestimmung und Gestaltung der Produktivitätsbeziehungen zwischen dem Faktoreinsatz und dem Faktorertrag. Industrialisierungsansätze für Dienstleistungen liefert u.a. Levitt[25], in dem er den Einsatz von "hard technologies" bei den Produktionsfaktoren (Substitution menschlicher Arbeitskraft durch Forcierung maschinenintensiverer Prozesse) und "soft technologies" bei den Prozessen der Faktorkombination empfiehlt. Diese "soft technologies" meinen Arbeitsteilung, Spezialisierung und Strukturierung - systematische organisierte Leistungsysteme führen letztendlich zu Standardisierung der Kombinationsprozesse. Industriellorientierte Ansätze beziehen sich also vorwiegend auf Produktivitätsverbesserungen im Leistungserstellungsprozeß. In der Transportwirtschaft findet man als Ausprägung der "hard/soft technologies" z.B. automatisierte Sendungserfassung und -transportsysteme (EAN/Barcode, automatisierte Verteil- und Fördersysteme...) und z.T. hohe Standardisierungsanforderungen (Stichwort KEP - Größe, Gewicht, An- und Auslieferungsfenster...), standardisierte Arbeitsabläufe in der Auftragserfassung, -kontrolle und- abrechnung usw.
Industriell-orientierte Dienstleistungsproduktionen sind also durch ähnliche Rationalisierungsbemühungen gekennzeichnet wie die klassichen Sachgütererstellungssysteme. Wann also ist eine industriellorientierte Betrachtungsweise angebracht[26]:


* Hauptleistungsträger und -empfänger der Dienstleistung sind i.d.R. Objekte.
* Wesentliche Leistungsaspekte werden außerhalb des Kundenkontaktes erbracht (z.B. Transport auf der Straße...)
* Die sachlich-rationale Komponente der Dienstleistung ist wesentlich stärker ausgeprägt als die sozio-emotionale Komponente.
* Der Produktcharakter dominiert den prozessualen Charakter der Dienstleistung.

Wenn jedoch neben der industriellen Sichtweise, die jegliche Dienstleistungsbeziehungen auf ihre ökonomisch-rationalen Daten reduziert, Beziehungen zu Kunden von zunehmender Bedeutung sind, müssen andere Wege weg von der industriellen Dienstleistungsproduktion gefunden werden.

2.3.3 Interaktionsorientierte Dienstleistungsproduktion

Für das Management von Dienstleistungsbetrieben, in deren Leistungserstellungsprozeß die Beziehung zum Kunden eine dominierende Rolle spielt, ist es notwendig, eine Systematisierung der Prozesse zwischen den interagierenden Akteuren durchzuführen. Nur der reine Kontakt zwischen dem Anbieter der Dienstleistung und dem Kunden kann nicht allein Ausgangsbasis für eine interaktionsorientierte Sichtweise bei Leistungserstellung sein. Interaktionsorientierung meint vielmehr die Dienstleistungserstellung in einem wechselseitigen Austauschprozeß. Dieser Prozeß folgt konsequent dem in Punkt 2.3.1 erwähnten uno-actu-Prinzips - Synchronität von Produktion, Weitergabe und Verwertung der Dienstleistung. Daraus folgt aber auch konsequent die Tatsache, daß die Akteure gleichzeitig verschiedene Rollen ausüben - Produzent, Konsument und Produktionsfaktor.
Dem externen Faktor aus dem industriellorientierten Dienstleistungsmodell kommt somit eine wesentlich komplexere Rolle zu. Der Kunde, also der primäre Nachfrager der Dienstleistung, beteiligt sich in physischer, intellektueller und/oder emotionaler Weise am Prozeß der Leistungserstellung. Die Dienstleistung ist erbracht, wenn der Kunde aus dem Erstellungsprozeß ausscheidet[27]. Es ist sicherlich vorstellbar, daß der Kunde nicht unbedingt physisch anwesend sein muß, um an der Dienstleistungserstellung mitzuwirken. Der Kontakt kann sehr wohl persönlich am gleichen Ort, audiovisuell über klassische Telekommunikationsdienste (normale Telefonie und Videokonferenzen) oder auch über Onlinemedien (World Wide Web, Internetphone, Internet-Relay-Chat etc.) hergestellt werden. Dienstleistungsinteraktionen können folgendermaßen charakterisiert werden[28]:

1. "Sevice encounters are purposeful." - Dienstleistungs-Interaktionen sind nicht-zufällige zwischenmenschliche Akte absichtsgeleiteten und zielgerichteten Charakters.


2. "Service providers are not altruistic." - Dienstleistungen sind i.d.R. entgeltlich.

3. "Prior acquaintance is not required." - sozial sanktionierte Interaktion zwischen zwei "Fremden"

4. "Service encounters are limited in scope." - Die Themen und Inhalte werden durch den sachlichen Gehalt der Dienstleistung determiniert.

5. "Task related information exchange dominantes." - Der Informationsaustausch über die Dienstleistungsthematik dominiert (abweichend von Interaktionen mit gewissem informellen Charakter).

6. "Client and provider roles are well definied." - Um der Struktur von Dienstleistungsbeziehungen eine gewisse notwendige Stabilität zu geben, bedürfen die Wechselbeziehungen ein Regelwerk.

7. "A temporary status differential occurs." - Sozialer Status, Rollen von Dienenden und Bedienten können mit denen des täglichen Lebens differieren.

Der wechselseitige Austauschprozeß wird durch ein Transaktionssystem bestimmt , das prinzipiell zwei Ebenen beinhaltet, die instrumentell-ökonomische und die affektive Ebene[29]. Die Interaktion über die sachliche Zweckerfüllung der Dienstleistung erfolgt auf der instrumentell-ökonomischen Ebene, auf der die Informationsverarbeitung und -übertragung auf den Interaktionspartner erfolgt. Die affektive Ebene dient der unmittelbaren Befriedigung sozialer und psychologischer Bedürfnisse. Die Serviceleistung ist das Ergebnis einer subjektiven Erfahrung aus dem Prozeß der Leistungserstellung und als solche jedesmal ein Unikat, welches sich aus dem Zusammenwirken verschiedenster Faktoren in einem sozialen Prozeß ergibt. Dienstleister und Kunde werden sich (bei einer vorwiegend interaktionsorientierten Dienstleistung) niemals gleich verhalten, da Ort, Zeit und die Umstände der persönlichen Befindlichkeit laufend wechseln. Eine Dienstleistung mit einer netten zuvorkommenden Geste und ein kundenfreundliches Verhalten ist unter Umständen von einer sonst gleichartigen Leistung grundverschieden und kann dabei gerade die entscheidende Differenz ausmachen.[30] Hier ergeben sich Ansatzpunkte für das Management. Die Qualität der Interaktion mit dem Dienstleister muß auf allen Ebenen "stimmen", damit die entgeltliche Dienstleitung auch den erwarteten Nutzen beim Kunden stiftet. Beispielsweise kann das Know-How eines Logistik-Beraters noch so hoch sein, doch zum Zeitpunkt des Kundenkontaktes ("Stunde der Wahrheit", "moment of truth") muß auch die Interaktion mit dem Kunden "funktionieren". Hier wirken neben der jeweiligen persönlichen Komponente der Austauschpartner auch Einflußfaktoren aus der Unternehmensumwelt und -kultur bzw. aus dem sozio-kulturellen Umfeld des Kunden. Es ist offensichtlich, daß gerade hier ein wesentlicher Erfolgsfaktor in der "richtigen Mischung" von sachlich-rationalen und affektiven Komponenten besteht. Gerade in einem relativ transparenten Geschäft, wie dem Transportgewerbe zählen harte Fakten mehr als die persönliche Beziehung zwischen Dienstleister und Kunden. Betrachtet man jedoch die Pre- bzw. After-Sales-Situation, in denen die Dienstleistungserstellung eingebettet ist, als ein "Gesamt-Paket", müssen unweigerlich (affektive) Interaktionsprozesse wie in der Anbahnungsphase bzw. Nachbetreuungsphase in die Überlegungen mit einbezogen werden, egal wie hochgradig rationalisiert die eigentliche Dienstleistung abgewickelt wird. Interaktionsorientierung im Management impliziert somit einen besondere Führungsverantwortung für Mitarbeiter, die in den Leistungserstellungsprozeß integriert sind und die für den Kunden einen untrennbaren Bestandteil der Dienstleistung darstellen.

3 Transportdienstleistungen zwischen Industrialisierung und Interaktion - Reflexionen in der
Praxis

3.1 Einordnung in das Spektrum zwischen industriell- und interaktionsorientierten Dienstleistungen


Aus den vorangegangenen Kapiteln ist bekannt, daß Transportleistungen entgeltliche Bussiness-to-Business-Dienstleistungen mit überwiegenden Produktcharakter sind und meistens an Objekten des Kunden vollzogen werden. Sie werden häufig standardisiert angeboten und weisen somit eine gewisse Transparenz auf. Je nach Transparenz der Leistung werden beim Nachfrager entweder Kostenüberlegungen oder qualitative Aspekte, wie Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Gründlichkeit der Leistungserstellung - respektive beim Transport von Gütern, in den Vordergrund der Beschaffungsentscheidung treten. So bestimmen z.B. die Transportkosten in einem großen Maße die Kosten für Schüttgüter wie Erze, Kohle, Kies usw. Die Auswahl der Transporteure erfolgt deshalb vor allem unter Kostengesichtspunkten, weil die Qualität der Leistung fixiert und bekannt ist. Bei der Kostenbetrachtung wird jedoch ein qualitativer Mindeststandard verlangt[31].

Gemäß den spezifischen Charakteristika von industriell- und interaktionsorientierten Dienstleistungen sind folglich Transportdienstleistungen industriellorientierte Dienstleistungen mit relativ schwachem Interaktionsgrad. Der mitunter weitgehende Ausschluß des Kundeneinbezugs würde ähnliche Rationalisierungsansätze wie in der industriellen Produktion erlauben.


Die Einteilung der Transportbranche in verschiedene Marktsegmente, wie sie in Punkt 2.2 vorgenommen wurde, erfordert es jedoch, die verschiedene Transportdienstleistungen nach ihrem Interaktionsgrad hin zu untersuchen. Ein Kernproblem des Dienstleistungsmanagements ist es nämlich, die Frage zu ergründen, wieviel der gesamten Leistung innerhalb bzw. mit der Service-Interaktion erbracht wird und wieviel der gesamten Dienstleistung außerhalb des direkten Kundeneinbezugs erstellt werden kann[32]. Ähnlich den klassichen Leistungsbündelungen der Konsumgüterwirtschaft aus Sachgütern und passigen Serviceleistungen sind Dienstleistungspakete (mit einer sinnvollen Mischung) aus typisch industriellorientierten Transportleistungen und interakionsorientierten Dienstleistungen durchaus vorstellbar.


Aus Perspektive des Marketing stellen die besonders hoch "industrialisierbaren" Teilmärkte des Transports von standardisierten Gütern in teil-mechanisierten, kontinuierlich für eine sehr große Zahl von Verladern aus der Wirtschaft arbeitenden, eng vernetzten "Massen"produktionssystemen, wie im Stückgut- und insbesondere im KEP-Marktsegment, einen Extremfall von besonderem Interesse dar. Dagegen ist der Ladungsverkehrsmarkt wenig industrialisierbar, bietet aber viele Möglichkeiten der Differenzierung und Spezialisierung auf spezifische Einzelkunden- und Branchenbedürfnisse. Ein weiteres Extremum stellt das Segment der dedizidierten Kontraktlogistik dar, in dem eine logistische Verbundleistung, nicht der Transport im Vordergrund steht[33]. Nachfolgend sollen einige typische Teilmärkte der Transportbranche mit ihrem differenzierten Leistungsangebot vorgestellt werden :

3.2 Reflexionen in ausgewählten Marktsegmenten von Transportdienstleistern

3.2.1 Kurier-, Express-, Paketdienste (KEP) und Stückgutmärkte


* Charakteristika: absolute Kunden-Objektorientierung, relativ hoher Standardisierungs- und Automatisierungsgrad bei der Sendungsabwicklung
* Einordnung: Typisch industriell-orientierte Dienstleistung, jedoch zunehmend mit Elementen interaktionsorientierter Dienstleistungen verknüpft

Im Stückgutsegment werden in Deutschland für den Transport von kleinstückigen, verpackten und etikettierten Frachtstücken ca. 23 Mrd. DM mit einem durchschnittlichen Sendungsgewicht von 200 Kg über eine durchschnittliche Entfernung von 300 Km und einem durchschnittlichen Umsatzwert pro Auftrag von 70 DM umgesetzt. Im KEP-Segment dagegen werden ca. 1,3 Mrd. Pakete (zwischen 1 - 30 Kg, 7 DM durchschnittlicher Umsatz pro Auftrag) bewegt.


Da praktisch jedes Unternehmen in Deutschland regelmäßiger oder zumindest gelegentlicher Versender bzw. Empfänger von Stückgut- oder KEP-Sendungen ist, stellt sich für das Marketing dieser Transportleistung eine besondere Herausforderung. Das Marktpotential von einigen Hunderttausend Kunden muß erschlossen und individuelle Kundenbeziehungen müssen aufgebaut und gepflegt werden. Außerdem sind die Auftragsabwicklungs- und Leistungserstellungspotentiale so vorzuhalten, daß sie die in großer Zahl stochastisch auftretenden Transaktionen sicher, flexibel und rationell bewältigen können. Der KEP-Markt, der in den letzten 15 Jahren regelmäßig zweistellige Zusatzraten erlebte, befindet sich seit Mitte der 90er Jahre in einer Sättigungsphase der Wachstumsmöglichkeiten. Die fünf größten Anbieter in diesem Geschäft (50% Gesamtmarkt, 80% Standard-Paketfrachtsegment) sind die Deutsche Post AG/EMS Kurierdienst, Deutscher Paketdienst, United Parcel Service Inc., Trans-o-Flex, German Parcel. Die Größe ihrer Organisationen hat sich aufgrund der Massenhaftigkeit des Geschäfts entwickelt und aus der Notwendigkeit heraus, flächendeckende Netze von Depots und Touren für die Abholung und Zustellung der Pakete und Stückgüter zu unterhalten und zu sichern[34]. Durch den zunehmenden Warenverkauf über die "Neuen Medien" (Electronic Commerce, Electronic Shopping Malls, Home Order Television) können möglicherweise jedoch gerade die Paketdienste profitieren. Direktversender im Computergeschäft wie DELL Corp. wickeln miterweile mehr als die Hälfte ihres Umsatzes per Internet ab. Es werden keine Zwischenhändler eingeschaltet und der Versand läuft über Paketdienste wie UPS Inc. oder FedEX[35].


Neben verstärkten Konzentrationstendenzen, gesteigertem Konkurrenzdruck durch aggressive Preispolitik ist der Trend zu Zusatzleistungen zum eigentlichen KEP-Transport zu erkennen. Die neuen Möglichkeiten der Sendungsverfolgung, wie Tracking über Global-Positioning-Systeme (GPS) und interaktivem Abruf des Sendungsstatus via Internet oder 0130/0800-Servicenummern oder die zunehmende Vernetzung mit den Kunden zum Zwecke der Rationalisierung (Einsatz standardisierter Datenprotokolle wie Electronic Data Interchange - EDI und/oder standardisierter Labelingsoftware) seien hier nur beispielsweise zu nennen.

3.2.2 Allgemeine und Spezialisierte Ladungsverkehrsmärkte

* Charakteristika: relativ geringe Standardisierungs- und Automatisierungsmöglichkeiten (atomisierte Verladerstruktur, Spot-Markt-Abwicklung), spezialisierte Nischenanbieter, erkennbarer Trend zu Vernetzung und Kundenservice.
* Einordnung: industriell-orientierte Dienstleistung, jedoch mit begrenzten Rationalisierungsmöglichkeiten

Ladungsverkehre umfassen nationale Versendungsaufträge, typischerweise im Gewichtsbereich zwischen 2,5 und 25 Tonnen, die "Haus-zu-Haus" bzw. "Rampe-zu-Rampe" ohne Umladung mit schwerden Lastkraftwagen, Bahnwaggons und/oder Containern transportiert werden. Dieses Marktsegment hält mit 35 Mrd. DM das größten Umsatzpotential im deutschen Transportgeschäft. Industrielle Materialversorgungs- und Entsorgungstransporte, die Handelsversorgung mit Volumen-Produkten, Versorgungsvorgänge mit festen, flüssigen und staubförmigen Gütern (Produkte der Chemischen Industrie, Eisen- und Kohlenerze, Halbfertig- und Fertigprodukte der Stahlindustrie, Baustoffe wie Zement, Sand und Kies) erfolgen in diesem Teilmarkt. Hier liegt das durchschnittliche Sendungsgewicht bei mehreren Tonnen pro Auftrag und einer mittleren Entfernung von 100 Km und einem mittleren Umsatz pro Auftrag von einigen Hundert DM. Diese unpräzisen Angaben begründen sich durch die hohe Heterogenität in diesem Teilmarkt.


Nach wie vor werden etwa 50% des geschätzten Gesamtmarktvolumens von industrie- und handelseigenen Werksverkehren abgewickelt. Obwohl wegen der Tendenz zu just-in-time (JIT)- und auftragsorientierter Produktion Versorgung eine Stagnation des Gesamtladungsvolumens zu beobachten ist, lohnt es sich für die Transportdienstleister, dieses ungenutzte Potential zu erschließen. Ladungsverkehrsleistungen werden i.d.R. auf Spotmärkten angeboten und nachgefragt. Atomisierte Anbieterstrukturen lassen nur in seltenen Fällen one-to-one-Kundenbeziehungen zu[36]. Die Sonderrolle der Deutschen Bahn AG (DB Cargo, Transfracht Internationale Gesellschaft für Kombinierten Verkehr mbH - (TFGI)) rückt in der letzten Zeit immer wieder in den Vordergrund von Zukunftsprognosen. Der Konkurrenzkampf mit dem Straßenverkehr, der den Systemvorteil der völligen räumlichen und zeitlichen Ungebundenheit besitzt, ließ den wertmäßigen Marktanteil der Schiene auf 10% sinken. Neben den Argumenten und Absichtserklärungen aus der Umwelt- und Verkehrspolitik der deutschen Bundesregierung und der Europäischen Union (Schadstoffbelastungen, Behinderungen des Straßenverkehrs durch Gütertransporte...) könnten auch neue (Zusatz)Dienstleistungsprodukte der privatisierten Bahn und ihrer Töchter Marktanteile zurückgewinnen[37]. Bei den "normalen" Anbietern von Ladungsverkehrsleistungen findet man auch hochprofitable Nischensegmente - hochspezialisiert in Technik und Know How werden Transportleistungen sensibler Chemikalien und anderer sicherheitskritischer Güter (Castor) angeboten, ebenso aber auch für Automobile und Fertig-/Halbfertigerzeugnissen des Baugewerbes (Fertighäuser, usw.). Aber auch gewisse Tendenzen zur Bildung von flächenvernetzten "Haus-zu-Haus"-Verkehren sind zu beobachten.

3.2.3 Transportdienstleistungen im Rahmen der Kontraktlogistik

* Charakteristika: absolute Kundenorientierung, Flexibilität und Vielseitigkeit, Standardisierung- und Automatisierung bei der reinen Sendungsabwicklung, jedoch rationelle Interaktion mit Kunden im Bereich der Kooperation bis hin zur Symbiose
* Einordnung: industriell-orientierte Transportstleistung mit großer Anzahl von Elementen interaktionsorientierter Dienstleistungen zu einem logistischen Systemdienstleistungspaket verknüpft.


Dieses Teilsegment stellt mit einem erwarteten Umsatzpotential von mehr als 40 Mrd. DM einen der dynamischsten Teilärkte im Logistiksektor dar. Das Leistungsangebot der Kontraktlogistikdienstleister umfaßt etwa zur Hälfte Transportdienstleistungen für (Zulieferer der Automobilindustrie, Ersatzteilversorgung von Kundendienstwerkstätten und -zentren, Markenartikeldistribution, Filialversorgung von Groß- und Einzelhandel uvm.). Die andere Hälfte sind logistische Dienstleistungen wie Lagerung, Bestandsführung, Verpackung und Kommissionierung[38]. Für den Boom auf diesem Sektor sind in erster Linie die Outsourcing-Strategien vieler Unternehmen des Industrie- und Konsumgüterbereichs verantwortlich. Eine rationelle und knappe Lagerhaltung der Hersteller, sowie die Forderung des Handels, öfter in kleinen Partien beliefert zu werden, stellen hohe Anforderungen an die Logistik. Kontraktlogistikdienstleister koordinieren die Warenströme von der Produktion über den Handel bis zum Endverbraucher. Die Vielseitigkeit moderner Logistikdienstleister erzeugt bei einigen Markenartiklern schon in den ersten Distributionsphasen Bündelungseffekte[39]. Die Symbiose zwischen Dienstleister und Hersteller kann dabei sehr tiefgreifend sein. Neben der Kontrolle der Warenströme werden durch den Spediteur vielfach auch Finanzdienstleistungen angeboten, z.B. im Namen des Herstellers Rechnungen gestellt und Zahlungen entgegengenommen (Inkasso) oder aber auch Finanzierungsleistungen offeriert.


Im Konsumgüterbereich sind z.B. Fiege, Dachser, Danzas, Kühne und Nagel führende Anbieter von Kontraktlogistikleistungen. Im industriellen Bereich sind das z.B. Schenker und Cotrans.
[40]

3.2.4 Praxisbeispiel: Die Fiege-Gruppe, Osnabrück

Das Unternehmen wurde 1873 gegründet und zählt heute zu den europäischen Marktführern im Bereich ganzheitlicher Logistiklösungen. Mehr als 4000 Mitarbeiter in 40 Tochtergesellschaften und Niederlassungen wickeln jährlich etwa 14 Mrd. DM Warenwert ab. Fiege verfügt derzeit über 720.000 m2 Logistik- und Lagerfläche. Ca. 70% der Unternehmensaktivitäten konzentrieren sich auf das Logistikmanagement von Unternehmen der Konsumgüterbranche. Namhafte Referenzen sind beispielsweise Kaufhof Warenhaus AG (Metro-Gruppe), Kraft Jacobs Suchard (KJS), Karstadt AG, Procter & Gamble, Siemens AG oder Mercedes-Benz. In drei großen Warendienstleistungszentren (WDZ) werden beispielhafte kundenorientierte Logistiklösungen angeboten. Im WDZ Erfurt/Apfelstädt, dem jüngsten und modernsten Dienstleistungszentrum, einem Gemeinschaftsunternehmen der Fiege-Gruppe (Beteiligung 51%) und der Kaufhof Warenhaus AG (Beteiligung 49%), wird auf einer Fläche von 300.000 m2 die bundesweite Warenversorgung sämtlicher Kaufhof- und Hortenfilialen in der Funktion eines zentralen Abrufslagers durchgeführt. Das zentrale Abruflager besitzt ein fahrerloses Transportsystem (FTS) mit Induktivführung und teilweise stationären Fördersystemen. Das WDZ dient auch als regionales Verteilzentrum für die Region Nord/Ost, einschließlich Berlin. In drei Hallenschiffen wird die Lagerung und Kommissionierung von hängenden Textilien und Schuhen für die mehr als 20 Filialen der Region durchgeführt. Auch hier sind moderne Fördersysteme wie Trolley- und Kreisförderer im Einsatz.
Die Filialversorgung erfolgt im maximalen 40-Stunden-Lieferrhythmus. Wareneingang und -ausgang werden zum größten Teil über die Schiene (Direktanbindung), also auch unter ökologischen Gesichtspunkten abgewickelt. Der Anteil von IT (information technology)-lösungen ist in den letzten Jahren überdurchschnittlich gestiegen. Vernetzung mit den DV-Anlagen der angeschlossenen Kaufhof- und Hortenfilialen, Electronic-Data-Interchange, IT-Consulting sind ein wesentlicher Bestandteil der gesamten Logistikdienstleistung und -lösung.


Die Fiege-Gruppe bietet ein breites Spektrum von Logistik-Engineering-Lösungen an, z.B. System- und Ausführungsplanung, Projekt- und Facilitymanagement, aber auch Reengineeringleistungen wie Nutzwertanalysen, Benchmarking, Touren- und Lageroptimierung, Standortanalysen.
Das Praxisbeispiel zeigt, daß erfolgreiche Logistikunternehmen hochdifferenzierte, passige und kundenorientierte Systemdienstleistungen auszeichnen und daß am Markt verstärkt solche Dienstleistungspakete nachfragt werden.

4 Kundenorientierung - Erfolgsfaktor in der logistischen Dienstleistungsproduktion

4.1 Marketing - Schlüssel zur Kundenorientierung?


Nach dem die Transportdienstleistungen im Spektrum zwischen Industrialisierung und Interaktion positioniert sind, soll nun untersucht werden, inwieweit diese systematische Einordnung Implikationen für die Kundenorientierung von Transportdienstleistungsunternehmen bereithält.
Da Transportleistungen Dienstleistungen darstellen, besteht für den Anbieter solcher Leistungen ein grundlegendes Absatzproblem. Während die zeitliche Abfolge der Aktivitäten bei der Sachgüterproduktion im Beschaffen, dem Fertigen, Lagern und Absetzen besteht, ist eine Produktion von Dienstleistungen ohne vorausgegangenen Absatz kaum möglich. Damit geht der Absatz der Dienstleistung ihrer Produktion nicht nur zeitlich voraus, sondern besitzt auch konstitutive Wirkung für die Prozesse der Leistungserstellung im Zuge der Endkombination.[41] Das Marketing von Transportdienstleistungen zum Zwecke des Absatzes ist also entscheidend für den Erfolg von Logistik-Anbietern, unabhängig vom Grad der Beherrschung des Dienstleistungsproduktionsprozesses. Ausgehend von der allgemeinen Einteilung in den Konsumgüter- und Investitionsgüterbereich wird sich auch das kundenorientierte Management von Transportdienstleistern auf die Aufnahme, die Gestaltung und Pflege von Business-to-Business-Kundenbeziehungen konzentrieren[42]. Transportdienstleistungen besitzen für den Nachfrager eindeutig Investitionscharakter. Für die Kundenorientierung auf Investitionsgütermärkten ist es deshalb wichtig, daß die Anbieter die Probleme der Abnehmer kennen, um für sie die bestmöglichste Lösung bereitzustellen. Die Problemlösung muß vom Kunden als die bestmögliche angesehen werden[43]. Der Kundennutzen muß also im Vordergrund stehen, angefangen bei der Planung neuer Produkte, insbesondere von Dienstleistungen, bei der Leistungserstellung und beim Absatz der Güter. Die Nutzenstiftung beim Kunden ist natürlich nur dann erfolgreich und führt zur "Kundenzufriedenheit", wenn sie qualitativ den kundenspezifischen Bedürfnissen genügt. Kein Kunde wird eine Dienstleistung "einkaufen", die keinen oder wenig Nutzen stiftet, also nicht profitabel ist. Das Marketing stellt eine vorbereitende, begleitende und nachbereitende Funktion für den Absatz und die Produktion von kundenorientierten Transportdienstleistungen dar. Dazu gehören:


* die Definition von Märkten und Zielgruppen
* Produktpositionierung und -gestaltung
* Kommunikation
* Transaktion / Nachkauftransaktion[44].

Die Weichenstellung für eine Kundenorientierung erfolgt im strategischen Marketing. Kundenorientierung - Kundenzufriedenheit - Kundenbindung können nur durch eine abgestimmte Unternehmensstrategie erreicht werden, die einerseits nach außen hin den potentiellen Kunden eine einzigartige Kompetenz für bestimmte Leistungsangebote signalisiert, andererseits der Unternehmensorganisation, also dem Leistungserstellungssystem definierte Handlungsanweisungen vorgibt.

4.2 Ansätze zur Kundenorientierung von Transportdienstleistern

4.2.1 Domänenwahl und -navigation

Abgeleitet von der Marketingtheoretie kann man für die Transportdienstleistungsunternehmen ähnliche strategische Ansätze ausmachen. Geschäftsfeldwahl - Domänenwahl, Geschäftsfeldstrategie - Domänennavigation, die Analogien sind unverkennbar.
Die (passige) Domänenwahl, also die Suche nach lukrativen Marktfeldern, in denen Ertrags- und Wachstumschancen bestehen und sich die Unternehmensressourcen (Leistungspotential) und Kompetenzen mit dem gewählten Geschäftsfeld decken, ist von besonders großer Bedeutung für das Überleben in der von Turbulenzen und großen Unsicherheiten geprägten Transportwirtschaft. Das strategische Geschäftsfeld, beispielsweise der KEP-Markt wirkt in entscheidendem Maße auf die Möglichkeiten rationeller Produktion von Transportdienstleistungen. Gewünschte Domäne und vorhandene Ressourcen sind deshalb in Einklang zu bringen. Die Strategische Wahl des Geschäftsfeldes ist ständig zu überprüfen[45]. Konkurrenzdruck und veränderte Kundenpäferenzen machen es mitunter notwendig, das klassische Geschäftsfeld neu zu positionieren. Für typisch interaktionsschwache Transportdienstleistungen ist dieser Trend zu beobachten - weg von der reinen Transportleistung, hin zum passigen Leistungspaket für den Kunden. Die Domänennavigation stellt die prinzipielle Strategie bereit, wie das Unternehmen in der gewählten Domäne in den Wettbewerb eingetreten wird. Welche Kunden werden angesprochen (Consumer- oder Business), wird mit traditionellen oder innovativen Dienstleistungsprodukten in den Wettbewerb eingetreten u.s.w.? Worauf muß sich also das Management von "kundenorientierten" Transportdienstleistern konzentrieren? Im nach folgenden werden einige Strategische Disziplinen nach Klaus bzw. Porter/Wiersemas[46] vorgestellt.

4.2.2 "Operational Excellence"

Qualtäts- und kostenorientierte Unternehmensstrategie, beispielsweise in hochindustrialisierten Transportmärkten wie dem KEP- und Stückgutmarkt. Ziel ist die Kostenführerschaft, jedoch unter Maßgabe der Servicequalität. Kundenorientierung muß zu Kundenzufriedenheit führen. Servicequalität stellt im Dienstleistungsmarketing eines der obersten Ziele dar. Der Kunde bewertet die wahrgenommene Qualität der Dienstleistung mit der erwarteten Servicequalität. Folglich müssen Kundenerwartungen und das Angebotspotential harmonisiert werden[47]. Berry/Zeithaml/Parasuraman[48] nennen dies "managing customer expectations".


Ein wichtiges Instrument zur Anpassung des Dienstleistungsniveaus ist eine effektive und effiziente Marktforschung. Die Marktforschungsergebnisse aus der regelmäßigen Qualitätsbeurteilung durch die Kunden müssen u.a. genauen Aufschluß darüber geben,


* welchen Qualitätsanspruch potentielle Kunden besitzen und wie sie das Leistungsangebot der Unternehmung einschätzen,
* welchen Qualitätsanspruch bestehende Kunden besitzen und wie sie das Leistungsangebot der Unternehmung konkret bewerten.

United Parcel Service Inc. bietet beispielsweise seinen Kunden ein standardisiertes, aber trotzdem differenziertes Dienstleistungsangebot (verschiedene Beförderungsklassen, Abholservice, DropBoxes usw.). Es ist offensichtlich, daß gerade hier die Grenzen zwischen Standardisierung und Differenzierung im Leistungsagebot verwischen - für den Anbieter ergeben sich durch die Standardisierung Kostenvorteile, dem Nachfrager wird eine transparente, scheinbar individuelle Dienstleistung geboten. Im "Segment-of-one-approach" finden typische "one-to-one"-Dienstleistungen statt. Für jeden Kunden ergibt sich eine absolut individuelle Leistung mit einem individuellen Ergebnis. United Parcel Service Inc. hat nach eigenen Angaben den Schritt vom "Paketdienst" zum "High-Tech-Integrator" vollzogen und in fünf Jahren ca. 4 Mrd. US-Dollar in neue Technologien, vornehmlich IT- und Telematik-Lösungen gesteckt und neue Serviceleistungen angeboten, z.B. DAID- Delivery Information Device (Hand-Held-PC für Auslieferfahrzeuge mit DFÜ via GSM-Netzen, Trackingsysteme usw.)[49].

4.2.3 Customer Intimacy

Diese Strategieform ist in bezug auf maximale Kundenorientierung eine effektivsten Strategien. Der Aufbau von engen Kundenbeziehungen, teilweise bishin zu symbioseähnlichen Unternehmensbeziehungen erlaubt ein Angebot von höchstspezifischen und besonders passigen Logistikdienstleistungen. Der vertrauensvolle Umgang zwischen Anbieter und Nachfrager kann erhebliche Markteintrittsbarrieren errichten, da z.B. der Partner praktisch nur sehr schwer austauschbar ist. Eine moderne Variante dieser Strategie stellen die Kontraktlogistiker dar, die mit einem differenzierten individuellen Leistungsangebot sehr enge Kooperationspartnerschaften eingehen. Offensichtlicher Nachteil ist sicherlich das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis, dem aber lukrative Ertragschancen gegenüberstehen[50].

4.2.4 Innovation / Product Leadership

Diese Strategievariante soll durch die kontinuierliche Entwicklung von Serviceprodukten "unique-selling-proposition"-Charakter der Hauptdienstleistung herausstellen. TNT und Federal Express stellen z.B. solche Unternehmen dar, die u.a. in industriellen HighTech-Märkten tätig sind.

5 Schlußbetrachtung und Ausblick


Transportdienstleistungen sind aus dienstleistungstheoretischer Sicht interaktionsschwache, industriellorientierte Business-to-Business-Dienstleistungen. Es hat sich jedoch im Verlauf der Arbeit gezeigt, daß diese Aussage nicht ohne Differenzierung stehen gelassen werden kann. Der Markt für Transportdienstleistungen beweist, daß reine Transportleistungen nicht mehr ohne weiteres abzusetzen sind. Interaktionsorientierte Dienstleistungen - Serviceleistungen werden mit der typischen Transportleistung zu differenzierten Dienstleistungspaketen geschnürt und gezielt nachgefragt. Ein Marktsegment wie eher industriellorientierte der Kurier-, Express-, Pakettransport, bisher durch hohe Standardisierung und Integration gekennzeichnet, bietet mehr und mehr auch interaktionsorientierte Zusatzleistungen, die die jeweiligen Anbieter von weniger serviceorientierten Konkurrenzunternehmen abheben sollen. Die vom Markt geforderte Kundenorientierung der Transportdienstleistern stellt das Management vor große Aufgaben. Mußten bisher die Produktionsfaktoren der Dienstleistungserstellung wie z.B. der Fuhrpark optimiert werden, sind verstärkt auch Managementqualitäten bei der Auswahl, Führung und Motivation von "diensteleistenden" Organisationen gefordert. Die Domäne der Kontraktlogistik führt beispielsweise vor, wie durch intelligente Differenzierung des Leistungsangebots und konsequente Kundenorientierung erfolgreiche Ertrags- und Wettbewerbpotentiale erschlossen werden können.


Zusammenfassend muß das Management von Transportdienstleistern, unabhängig vom Marktsegment, zwei wesentliche Aufgabenbereiche hinsichtlich der Kundenorientierung in den Fokus der Aktivitäten rücken.

1. Analyse des Industrialisierungsgrades im jeweiligen Marktsegment, Offenlegung des Rationalisierungspotentials durch Einsaz von "hard technologies". Systematische Analyse der Interaktionsbeziehung mit den Kunden. Sinnvolle(!!!) Eliminierung unnötiger, affektiver Interaktionskomponenten und Beschränkung der Interaktion auf das Wesentliche. Industrialisierung der Austauschprozesse, bei denen standardisierbare Informationen zwischen den Akteuren fließen (EDI-Einsatz).


2. Definition von Markberabeitungsstrategien in Hinblick auf maximale Kundenorientierung. Nutzung der Möglichkeiten von Qualitäts-Umfragen und -bewertungen durch die Kunden, Benchmarking, Mitarbeiterschulung usw.


Impulse für die (europäischen) Transportmärkte der nahen Zukunft werden einerseits aus der bevorstehenden Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung und der damit verbundenen Preisentwicklungen zu erwarten sein. Andererseits sind die Entwicklungen in den ehemaligen Ostblockländern intensiv zu verfolgen. Hier werden insbesondere in Tschechien, Ungarn und Polen preislich attraktive Anbieter in den Wettbewerb einsteigen. Nichtzuletzt sind die Absichtserklärungen der deutschen und europäischen Politik, wie etwa "Homogenisierungs"bemühungen ein großer Unsicherheitsfaktor. Stellvertretend sind hier Umweltrichtlinien oder Erhöhungen der Kraftstoffpreise zu nennen. Auf die Wettbewerbssituation werden sicherlich auch neuartige globale Unternehmenskooperationen (Stichwort Virtuelle Unternehmen) ebenso als Einflußfaktoren wirken, wie die Möglichkeiten aus der Vernetzung via Internet.


Die Flexiblität der Transportdienstleistungsunternehmen, auf neue Veränderungen schnell zu reagieren, die ständige Hinterfragung der aktuellen Strategie und Geschäftsfelder und die Bereitschaft zum kontinuierlichen Qualitätsmanagement der Dienstleistungen wird zeigen, welche Unternehmen die Herausforderungen des Transportmarktes 2000 meistern werden.

Literaturverzeichnis


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Anhang

Anhang a) "Paketdienste wachsen durch das Internet", FAZ vom
27.01.1998, Nr.22, S. 21
Anhang b) "Transportdienstleistung - Systematische Einordnung im
Spektrum des industriellen und interaktionsorientierten
Managements - Schlußfolgerung für das Management der
Kundenorientierung", Charts zum Referat am 22.01.1998 in
Pommersfelden

"Paketdienste wachsen durch das Internet" in: FAZ 27.01.1998, Nr. 22, S.21


[1] Vgl. Levitt, Th. (1960), S.45-56
[2] Vgl. Klaus (1997), S. 3
[3] Vgl. Levitt, Th. (1976)
[4] Lehmann, A. (1993), S. 1
[5] Vgl. Scheuch, F. (1994), S. 192
[6] Meffert, H. (1991), S. 43
[7] Vgl. Clark, C. (1935)
[8] Vgl. dazu Meffert, H. (1991) S. 43 bzw. Klaus, P. (1997) S. 5
[9] Vgl. Hilke, W. (1989), S.10
[10] Domschke, W. (1989), S. 3
[11] Vgl. Pegrum, D.F. (1973), S. 19 bzw. Stock, J.R./Lambert, D.M., (1987), S. 170
[12] Vgl. Stock, J.R./Lambert, D.M., (1987), S. 172
[13] Vgl. Klaus, P., (1989), S. 58-62
[14] Vgl. Corsten S.147
[15] Vgl. Fuhrmann, R.,(1990) S.252
[16] Vgl. Klaus, P. (1997) S.7
[17] Vgl. Klaus, P. (1997) S.7
[18] Vgl. Lehmann, A. (1993), S. 89 und einschlägige "Klassiker" der Produktionswirtschaftslehre, z.B. Gutenberg, E. (1976) a.a.O.
[19] Vgl. Gutenberg, E. (1976), S. 65
[20] Vgl. Corsten, H., (1994), S. 4f und S.169ff
[21] Lehmann, A. (1993), S.97
[22] Corsten, H. (1994), S. 178
[23] Vgl. Lehmann, A. (1993), S.98f und S.107 bzw. Corsten, H. (1994), S.169ff
[24] Vgl. Lehmann, A. (1993), S.110ff
[25] Vgl. Levitt, Th. (1972), S.63-76ff
[26] Vgl. Lehmann, A. (1989), S.30
[27] Vgl. Lehmann, A. (1989), S.32
[28] Vgl. Lehmann, A. (1993), S 154f
[29] Vgl. Lehmann, A. (1993), S.172
[30] Vgl. Lehmann, A. (1993), S.151
[31] Engelhardt, W.H./Schwab, W. (1994), S 128
[32] Vgl. Lehmann, A. (1989), S.34
[33] Vgl. Klaus, P. (1997), S. 8f
[34] Vgl. Klaus, P. (1997), S. 10f
[35] Vgl. Bretzke, W.R., (1998), S. 21
[36] Klaus, P. (1997), S.11
[37] siehe auch dazu: Europeen Commission (1996) / Sinnecker, E., (1997) S.32-33 und Messebericht "cargo ´97" (1997) S. 37
[38] Klaus, P. (1997) S.10
[39] Pfenning, K.-M. (1997), S. 31
[40] Quelle: WorlWideWeb-Auftritt unter http://www.fiege.de
[41] Vgl. Lehmann, A. (1993), S129
[42] Vgl. Klaus, P. (1991), S.58-62
[43] Vgl. Bruhn, M. (1982), S. 33
[44] Meffert, H. (1991), S.31f
[45] Vgl. Klaus, P. (1997), S.12
[46] Vgl. Klaus, P. (1997), S.13
[47] Vgl. Heskett, J.L., (1988), S. 37
[48] Berry, L.L./Zeithaml, V.A./Parasuraman, A., S.223f
[49] Vgl. Messebericht transport´97, in : Logistik im Unternehmen, 7/8 1997, S.36
[50] siehe auch dazu die Referenzen von Kontraktlogistikunternehmen wie Dachser, Fiege oder Schenker (z.B. http://www.fiege.de)